Eine Ehrenrettung der pensionsreifen Babyboomer
Warnungen vor Problemen des Pensionssystems klingen manchmal so, als wären die Nachkriegskinder an allem schuld.
Seit Jahren schon zeigen kluge Leute auf, dass das auf einer Umlage basierende Pensionssystem in Österreich nicht mehr allzu lange klaglos funktionieren wird. Immer weniger Menschen in Arbeit und Brot (vulgo: Beitragszahler) müssen immer mehr Pensionisten erhalten. All diesen Warnungen ist die Prognose beigeschlossen, dass es so richtig schwierig werden werde, sobald die Babyboomer, also die zwischen Mitte der 1950er- und Mitte der 1960erJahre Geborenen, in die Pensionsberechtigung eintreten.
Das klingt häufig, vielleicht unbeabsichtigt, so, als hätten sich die Babyboomer zusammengerottet, um ganz bewusst aus Bosheit und Egoismus das Pensionssystem für die nachfolgenden Generationen zu ruinieren. Doch sie können nichts dafür, dass die Generation ihrer Eltern beschlossen hat, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sei es an der Zeit, möglichst viele Kinder in die Welt zu setzen. Und jetzt kommen sie halt ins Pensionsalter und werden – selbst wenn sie noch Energie hätten – aufs Altenteil abgeschoben.
Die künftige Schwäche des Pensionssystems rührt nicht so sehr von „den Alten“, sondern einer Politik, die sich weigert, das Pensionsalter parallel zur Lebenserwartung nach oben zu verschieben. Die Klagen der heute Jungen sind auch nur schwer verständlich, bedenkt man die heute weitverbreitete Einstellung zu Arbeit und Leben.
Die Babyboomer haben Arbeit als Teil des Lebens betrachtet. Sie strebten nach Karriere, gründeten Firmen, ließen oft Privates liegen, um im Job Erfolg zu haben. Sie haben versucht, genug zu verdienen, um etwas zur Seite zu legen im Bewusstsein, dass die magere ASVGPension ein bisschen Aufbesserung gut vertragen könnte. Und sie finanzierten und finanzieren oftmals überlange Universitätskarrieren ihrer Kinder und Enkelkinder.
Die Generation der Millennials (geboren zwischen 1980 und 2000) beklagt heute gern, dass sie wohl nie in den Genuss von Pensionen kommen werde, wie sie heute noch üblich sind. Freilich trennen sie ganz klar zwischen Arbeit (notwendiges Übel) und Leben (alles andere), betrachten berufliche Karriere eher als vernachlässigbar und verdienen deshalb oft nicht genug, um fürs Alter zu sparen.
Die Meinung, „die Alten“beeinflussten die Politik zuungunsten „der Jungen“, ist nicht viel mehr als ein Konstrukt, das die Wirklichkeit verschleiert. Niemand hindert die Generation am Anfang ihres Arbeitslebens daran, sich politisch zu engagieren, selbst anzupacken und zum Beispiel dem wackeligen Pensionssystem durch eigene Ideen Stabilität zu verleihen.
Das wäre weit besser, als einen Konflikt zwischen den Generationen zu erfinden. VIKTOR.HERMANN@SN.AT