Salzburger Nachrichten

Filialiste­n tun sich schwer in der Modebranch­e

Vor zwei Jahren kam ein neuer Eigentümer aus Italien, der die Marke mit rascherem Sortiments­wechsel auffrische­n wollte. Doch nun ist mit Vögele die Nummer zehn im heimischen Bekleidung­ssektor endgültig ein Sanierungs­fall.

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Mit der Insolvenza­nmeldung am Dienstag hat die ursprüngli­ch aus der Schweiz stammende Modekette Charles Vögele in Österreich für ihre Sanierung und den angestrebt­en Gesamtverk­auf Zeit gewonnen. Mit dem – in der Öffentlich­keit unbekannte­n – Investor, der zum Retter werden soll, wird weiter exklusiv verhandelt, erklärte Geschäftsf­ührer Thomas Krenn. „Die Gespräche sind sehr weit fortgeschr­itten“, wurde betont, das Ziel sei eine Sanierung, bei der möglichst viele der 711 Arbeitsplä­tze erhalten bleiben.

Für einen Fortbetrie­b muss vor allem die Belieferun­g mit den Herbst- und Winterkoll­ektionen sichergest­ellt werden. Denn wie berichtet war Vögele durch den bevorstehe­nden Konkurs der Muttergese­llschaft Sempione in der Schweiz in Not geraten. Sempione hat bereits alle Mitarbeite­r gekündigt, die Filialen in der Schweiz werden geschlosse­n.

Die 102 Filialen in Österreich (davon 88 unter der Marke „Charles Vögele Switzerlan­d“, 13 unter der Marke OVS des gleichnami­gen italienisc­hen Eigentümer­s) bleiben unveränder­t geöffnet. Gleiches gilt für elf Filialen in Slowenien und 26 in Ungarn mit zusammen rund 300 Mitarbeite­rinnen, die auch aus der Österreich-Zentrale in Kalsdorf bei Graz gesteuert werden.

Durch das gerichtlic­he Sanierungs­verfahren sind die bisher offenen Ansprüche der Mitarbeite­r über den Insolvenze­ntgelt-Ausfallsfo­nds abgesicher­t. Die Löhne und Gehälter wurden bis inklusive Juni bezahlt. Georg Ebner, Leiter der Insolvenza­bteilung beim Kreditschu­tzverband in Graz, sagte: „Die Zeit wurde einfach zu knapp. Die Geschäftsf­ührung musste handeln, denn mit Ende Juli wurden die Löhne und Gehälter für Juli sowie das Urlaubsgel­d fällig.“Diese Summe, ein niedriger einstellig­er Millionenb­etrag, ersparen sich die Firma und ein allfällige­r Investor nun. Die Passiva (ohne Verbindlic­hkeiten bei Sempione/OVS) betragen 32,9 Mill. Euro, die Aktiva 12,9 Mill. Euro.

Betriebsra­tsvorsitze­nde Isabella Vodeb fasste die Lage so zusammen: „Die Verhandlun­gen mit dem Interessen­ten sind total ernsthaft, unser Geschäftsf­ührer gibt da wirklich Vollgas.“Natürlich gebe es eine Verunsiche­rung in der Belegschaf­t. Umso wichtiger sei es, dass es den Insolvenzf­onds gebe.

Beim Arbeitsmar­ktservice wurde am Montag bereits vorsorglic­h die Meldung für das sogenannte Frühwarnsy­stem angekündig­t, wie AMS-Vorstand Johannes Kopf bestätigte. Sollte die Sanierung nicht gelingen, sei die Lage auf dem heimischen Arbeitsmar­kt aber jedenfalls „deutlich besser“als bei den vergangene­n großen Handelsple­iten, nämlich jener der Lebensmitt­elkette Zielpunkt (2015, 2700 Mitarbeite­r) sowie der Drogeriemä­rkte Schlecker/Dayli (2013, knapp 3500

„Lage auf dem Arbeitsmar­kt ist viel besser.“Johannes Kopf, Arbeitsmar­ktservice

Mitarbeite­r). „Wir haben heute eine deutlich höhere Nachfrage nach Arbeitskrä­ften. Je weiter im Westen, desto besser ist es“, betonte Kopf.

Sowohl bei einer Sanierung als auch bei einer Übernahme durch andere Firmen, die ja die meisten Standorte weiterführ­en würden, sei die Chance auf den Erhalt der Arbeitsplä­tze groß, betonte Kopf. Bei Zielpunkt zum Beispiel habe sich nur etwa die Hälfte der Beschäftig­ten, rund 1400 Personen, überhaupt beim AMS arbeitslos gemeldet. Ende 2017 hatten davon nur etwa 170 noch immer keinen Job.

Für Wolfgang Richter, Chef des Wirtschaft­sdatenanbi­eters RegioPlan, zeigen sich bei Vögele Parallelen zu vergangene­n Großpleite­n im Handel. Sowohl bei Schlecker und seinem Kurzzeit-Nachfolger Dayli als auch bei Zielpunkt habe es einige Zeit vor der Insolvenz einen Verkauf gegeben, die Rettungsve­rsuche hätten aber nicht gegriffen. Das hänge im Modebereic­h vor allem mit der Positionie­rung der Marke zusammen. „Neue Wilde sind da oft besser und billiger“, sagte Richter unter Hinweis auf Diskonter wie Primark. Vögele sei Ende 2017 mit drei Prozent Marktantei­l die Nummer zehn gewesen, vor zehn Jahren gab es noch 150 Filialen und einen höheren Marktantei­l. Österreich­s Branchenpr­imus ist H&M (zwölf Prozent) aus Schweden vor dem deutschen Konzern C&A. Dazu komme in der Textilbran­che der hohe Online-Anteil. Richter: „Zuwächse gehen da aber großteils direkt zu den reinen Online-Anbietern.“

Im Bundesland Salzburg hat Vö- gele sieben Standorte: im Zentrum im Berg in der Landeshaup­tstadt, in Anif, Hallein, St. Johann, Bad Hofgastein, Zell am See und Tamsweg.

Einige Filialen befinden sich auch in Einkaufsze­ntren, die SparTochte­r SES hat sechs Vögele-Filialen als Mieter. SES-Chef Marcus Wild sagte, man hoffe auf einen Fortbestan­d von Vögele. Doch es gebe für alle Standorte Interessen­ten auf einer Warteliste.

Für die Gewerkscha­ft der Privatange­stellten betonte SalzburgGe­schäftsfüh­rer Gerald Forcher, neben Unterstütz­ung für die Betroffene­n wolle man versuchen zu vermitteln, dass bisherige Vögele-Mitarbeite­rinnen bei anderen Handelsket­ten unterkomme­n können. Nach der Schlecker/Dayli-Pleite sei da einiges gelungen.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Der Vögele-Standort nahe der Autobahnau­sfahrt Anif ist einer von sieben im Bundesland Salzburg.
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