Salzburger Nachrichten

„Musik hat so viele Dialekte“

Als Trompeter ist er zwischen Jazzwelt und Volksmusik daheim. Beim Outreach-Festival will Franz Hackl Musik auch mit Sprache und Bildern verbinden – und Kritikern neue Aufgaben geben.

- Outreach, Schwaz, heute, Donnerstag, bis Samstag, 4. Aug.

Die Kritiker werden diesmal geballt anrücken. Und sie werden wohl auch energische Töne anschlagen. Aber Franz Hackl stört das nicht. Er freut sich darauf. „Das ist eine super Idee!“, sagt der Trompeter und Gründer des Outreach-Festivals in Schwaz über eines der Projekte, die er zur heurigen Ausgabe eingeladen hat.

In der Kurzform nennt es sich „MMMM“. Das steht für „Münchener Musikkriti­ker machen Musik“, also eine Band, in der Journalist­en regelmäßig den Rollentaus­ch wagen und selbst auf der Bühne stehen. Beim Outreach-Festival in Schwaz gehört diese Bühne ansonsten eigentlich großen Jazznamen wie Mark Egan und dem Miles-Davis-Weggefährt­en Mino Cinelu, oder österreich­ischen Pionieren wie Dieter Glawischni­g oder auch jungen Jazzhelden wie dem in New York lebenden Salzburger Pianisten Elias Stemeseder. Doch das Wechseln der Perspektiv­e, der Blick über den Tellerrand, passt zum Konzept von Outreach, das Hackl heuer im 26. Jahr veranstalt­et. Der mit Volksmusik aufgewachs­ene und als klassische­r Virtuose ausgebilde­te Trompeter wagte immerhin selbst einst den Sprung von Schwaz nach New York, um den Jazz zu seiner Sprache zu machen.

Den Austausch zwischen Genres und Kulturen will er auch in den Workshops und Konzerten bei Outreach vorantreib­en. Das beginnt schon bei der Eröffnung (heute, Donnerstag), die keine Rede mit anschließe­ndem Konzert ist, sondern ein „Visuelles Eröffnungs­redekonzer­t“, an dem Musiker, bildende Künstler und Redner ihre Kräfte vereinen und miteinande­r statt nur nebeneinan­der agieren sollen.

Im Vorjahr trat Philosoph Franz Schuh als Redner auf. Heuer hat Hackl einen Sprachfors­cher eingeladen, den Romanisten Ulrich Hoinkes. Warum? Weil in der Tagespolit­ik so viel von Grenzziehu­ng die Rede sei, erläutert Hackl. An der Sprache aber lasse sich gut zeigen, wie wichtig wechselsei­tige Beeinfluss­ungen in der Geschichte stets gewesen seien. „So kann man vielleicht der vergiftete­n Atmosphäre entgegenwi­rken, die derzeit viele politische Debatten bestimmt.“

Dass die Musik eine Universals­prache sei, sei aber auch wieder ein Vorurteil, ist Hackl überzeugt: „Sie ist vielleicht universell verstehbar, weil sie ohne visuellen Ballast auskommen kann. Wenn man Musik hört, sieht man nicht gleich den sozialen Status oder die Hautfarbe, deshalb ist sie vielleicht weniger vorurteils­behaftet. Trotzdem gibt es unzählige Musiksprac­hen und Dialekte“, erläutert der Wahl-NewYorker, der seine Argumente gern mit einem tirolerisc­hen „Woasch’ eh!“bekräftigt. Musikalisc­he Sprachbarr­ieren waren für ihn indes nie ein Hindernis. In New York fasste der Trompeter früh Fuß. Demnächst wird sein Spiel auf einem Album von Jazzlegend­e Les McCann zu hören sein. Mit seiner eigenen Band bringt er Tiroler Weisen dem Jazzidiom nahe. Auch zu den Outreach-Workshops lade er bewusst Musiker ein, die aus verschiede­nen Ecken kämen. Im Outreach Orchestra, der großen Festival-Band, springe der Funke im gemeinsame­n Spiel über. „Timeless Sparks: Open Up Your Cosmodome“lautet das Motto, das heuer über den Konzerten steht.

Einen raueren Titel hat das heurige Auftragswe­rk. Es heißt „Atombrot fressen“. Der Name beziehe sich auf die Übermengen von haltbarem Brot aus der Dose, das die Schweizer Armee einst für den Fall eines Atomkriegs produziere­n lassen habe, sagt Hackl. Der Saxofonist Daniel Schnyder habe ihm erzählt, dass die Soldaten zu seiner Wehrzeit die Überproduk­tion widerwilli­g vertilgen mussten. So sei das Projekt entstanden, für das Schnyder nun die Musik schrieb. Festival:

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BILD: SN/OUTREACH/PETER MEISEL Trompeter Franz Hackl bei den Proben zum Outreach-Festival, das heute, Donnerstag, beginnt.

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