„Musik hat so viele Dialekte“
Als Trompeter ist er zwischen Jazzwelt und Volksmusik daheim. Beim Outreach-Festival will Franz Hackl Musik auch mit Sprache und Bildern verbinden – und Kritikern neue Aufgaben geben.
Die Kritiker werden diesmal geballt anrücken. Und sie werden wohl auch energische Töne anschlagen. Aber Franz Hackl stört das nicht. Er freut sich darauf. „Das ist eine super Idee!“, sagt der Trompeter und Gründer des Outreach-Festivals in Schwaz über eines der Projekte, die er zur heurigen Ausgabe eingeladen hat.
In der Kurzform nennt es sich „MMMM“. Das steht für „Münchener Musikkritiker machen Musik“, also eine Band, in der Journalisten regelmäßig den Rollentausch wagen und selbst auf der Bühne stehen. Beim Outreach-Festival in Schwaz gehört diese Bühne ansonsten eigentlich großen Jazznamen wie Mark Egan und dem Miles-Davis-Weggefährten Mino Cinelu, oder österreichischen Pionieren wie Dieter Glawischnig oder auch jungen Jazzhelden wie dem in New York lebenden Salzburger Pianisten Elias Stemeseder. Doch das Wechseln der Perspektive, der Blick über den Tellerrand, passt zum Konzept von Outreach, das Hackl heuer im 26. Jahr veranstaltet. Der mit Volksmusik aufgewachsene und als klassischer Virtuose ausgebildete Trompeter wagte immerhin selbst einst den Sprung von Schwaz nach New York, um den Jazz zu seiner Sprache zu machen.
Den Austausch zwischen Genres und Kulturen will er auch in den Workshops und Konzerten bei Outreach vorantreiben. Das beginnt schon bei der Eröffnung (heute, Donnerstag), die keine Rede mit anschließendem Konzert ist, sondern ein „Visuelles Eröffnungsredekonzert“, an dem Musiker, bildende Künstler und Redner ihre Kräfte vereinen und miteinander statt nur nebeneinander agieren sollen.
Im Vorjahr trat Philosoph Franz Schuh als Redner auf. Heuer hat Hackl einen Sprachforscher eingeladen, den Romanisten Ulrich Hoinkes. Warum? Weil in der Tagespolitik so viel von Grenzziehung die Rede sei, erläutert Hackl. An der Sprache aber lasse sich gut zeigen, wie wichtig wechselseitige Beeinflussungen in der Geschichte stets gewesen seien. „So kann man vielleicht der vergifteten Atmosphäre entgegenwirken, die derzeit viele politische Debatten bestimmt.“
Dass die Musik eine Universalsprache sei, sei aber auch wieder ein Vorurteil, ist Hackl überzeugt: „Sie ist vielleicht universell verstehbar, weil sie ohne visuellen Ballast auskommen kann. Wenn man Musik hört, sieht man nicht gleich den sozialen Status oder die Hautfarbe, deshalb ist sie vielleicht weniger vorurteilsbehaftet. Trotzdem gibt es unzählige Musiksprachen und Dialekte“, erläutert der Wahl-NewYorker, der seine Argumente gern mit einem tirolerischen „Woasch’ eh!“bekräftigt. Musikalische Sprachbarrieren waren für ihn indes nie ein Hindernis. In New York fasste der Trompeter früh Fuß. Demnächst wird sein Spiel auf einem Album von Jazzlegende Les McCann zu hören sein. Mit seiner eigenen Band bringt er Tiroler Weisen dem Jazzidiom nahe. Auch zu den Outreach-Workshops lade er bewusst Musiker ein, die aus verschiedenen Ecken kämen. Im Outreach Orchestra, der großen Festival-Band, springe der Funke im gemeinsamen Spiel über. „Timeless Sparks: Open Up Your Cosmodome“lautet das Motto, das heuer über den Konzerten steht.
Einen raueren Titel hat das heurige Auftragswerk. Es heißt „Atombrot fressen“. Der Name beziehe sich auf die Übermengen von haltbarem Brot aus der Dose, das die Schweizer Armee einst für den Fall eines Atomkriegs produzieren lassen habe, sagt Hackl. Der Saxofonist Daniel Schnyder habe ihm erzählt, dass die Soldaten zu seiner Wehrzeit die Überproduktion widerwillig vertilgen mussten. So sei das Projekt entstanden, für das Schnyder nun die Musik schrieb. Festival: