Salzburger Nachrichten

Drinnen kocht das Herz, draußen flimmert die Hitze

Am besten klingen die Songs von Son of the Velvet Rat auf der Bühne. Nun kann man das auch daheim nachhören.

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SALZBURG. Seit ein paar Jahren leben Georg Altziebler und Heike Binder dort, wo vieles ihrer Musik wurzelt. Die beiden – Kernbesetz­ung von Son of the Velvet Rat – pendeln zwischen der Grazer Heimat und der kalifornis­chen Wüste.

In Joshua Tree haben sie ein Häuschen. Ums Eck schoss Anton Corbijn Mitte der 1980er-Jahre die längst ikonischen Bilder für das U2Album „The Joshua Tree“. Josh Homme bezog Ende der 1990erJahr­e in der Einschicht Quartier, um dort die Dichte des Stoner-Rock zunächst in legendären „Desert Sessions“, dann für seine mächtige Band Queens of the Stone Age zu schaffen. Sandiges Flirren. Hitzige Begegnunge­n. Weite bis zum schlingern­den Horizont. Eine hypnotisch klingende Dichte. Und eben auch eine große Weite im Herz. So macht, wenn auch eher leise, Georg Altziebler auch seine Songs lebendig. Damit gelingen ihm auf Basis klassische­n Songwritin­gs intensive Werke. Die Wurzeln liegen in Folk und Blues und Rock. Dazu begegnet man einer Stimme, die vermuten lässt, dass hinter den erzählten Geschichte­n tiefere Geheimniss­e verborgen sind. Dass diese Mischung seit vielen Jahren betörende Live-Konzerte entstehen lässt, liegt auch an der Reduktion auf das Notwendige. „Die Konzentrat­ion liegt darauf, den Song zum Leben zu bringen“, sagt Altziebler. Erfreulich ist, dass es nun ein Live-Album gibt.

„The Late Show“heißt es. Aufgenomme­n wurde es bei Konzerten in Wien, Deutschlan­d und Kalifornie­n. Elf Songs sind zu hören. Der Fokus liegt auf den letzten drei Alben.

Vieles atmet den Geist der Wüste, den Geist einer musikalisc­hen Tradition, aus der in den vergangene­n zwei, drei Jahren die Genres New Country, Advanced Americana, New Americana oder Alternativ­e Folk geworden sind. Passt alles, wenn man schon eine Schublade suchen möchte.

Am besten aber passt – auch weil Altziebler­s Songs oft wie kleine Filme funktionie­ren, die uns hinter die Fassade von Moral und bloß zur Schau gestellten Wahrheiten blicken lassen – eine Anleihe aus dem Kino: Folk noir – das ist es, was sich in einer Eindringli­chkeit ereignet, die nicht nur hierzuland­e ihresgleic­hen sucht. Songwritin­g erfüllt, erst recht wenn es mit einem Live-Album daheim auf dem Sofa in aller Ruhe angehört werden kann, eine ähnliche Bedeutung wie das Märchen. Und es gilt für beide – Song und Märchen – auch die gleiche Lebensdaue­r. Ewig. „Das ist nicht umzubringe­n“, sagte Altziebler, der seit vielen Jahren zu den herausrage­nden Song-Geschichte­n-Findern des Landes gehört und erfreulich­erweise auch in der Heimat seiner Kunst, in den USA, gehört wird. Dieses ewige Leben folgt der simplen Logik, dass Menschen immer Geschichte­n hören wollen, ja, das Menschsein gründet sich unter anderem darauf, dass Menschen das Erlebte, Erdachte, Erhoffte anderen mitteilen. Die Songs von Son of the Velvet Rat eignen sich dafür ideal. Konzert:

Ein letztes Mal in diesem Jahr in Österreich live zu erleben ist Son of the Velvet Rat am 7. August in Wien (Zentrum für Musikvermi­ttlung).

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BILD: SN/SOTVR/SAJOVIC/ Son of the Velvet Rat: Heike Binder und Georg Altziebler.

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