Fahren ohne Fahrer: Die zwei Seiten einer Medaille
Zugegeben, die Vorstellung, dass sich künftig noch mehr Maschinen in den Alltag des Menschen einmischen werden, hat etwas Gruseliges an sich: In Deutschland sind pro 10.000 Industriearbeiter bereits 300 Produktionsroboter im Einsatz. Das sind doppelt so viele wie in Österreich. In Südkorea sind es gar 600 Roboter.
Den hohen Lohnnebenkosten und Steuern in Österreich und dem technologischen Fortschritt ist es geschuldet, dass diese Entwicklung auch auf andere Bereiche überspringt: Begrüßung im Urlaubshotel durch einen freundlichen Rezeptionisten? Entfällt, Händeschütteln samt Aushändigung des elektronischen Zimmerschlüssels gehen auch online. Fiebermessen durch Familienangehörige, wenn man krank im Bett liegt? Auch das wird hinfällig, wenn die intelligente Matratze im Bett laufend alle wichtigen Körperwerte sammelt.
Doch vielleicht sollte man in vielen Fällen nicht so romantisch nach dem menschlichen Kontakt lechzen: Oft ist es pure Gewohnheit, von Menschen betreut zu werden. Doch nicht immer ist die Pflege das größte Vergnügen für die Beteiligten – vor allem für diejenigen, die damit ihr Brot verdienen.
Ein anderes Beispiel dafür findet sich im Transport- und Verkehrssektor: Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass in ganz Europa Bus- und Lkw-Fahrer händeringend gesucht werden. Öffentliche Verkehrsbetriebe veranstalten mittlerweile Feste, Castings und Tage der offenen Tür, um Nachwuchs anzulocken. Und so mancher Frächter kann längst nicht mehr alle Aufträge annehmen, weil er schlicht und einfach nicht genügend Fahrer hat, die die Lkw durch Europa chauffieren.
Warum es immer weniger Nachwuchs gibt? Weil es hart ist, viele Stunden lang am Steuer zu sitzen. Die Verantwortung im Straßenverkehr ist hoch, die Arbeitszeiten sind wegen der Nacht- und Wochenenddienste familienfeindlich. Die Ausbildung wurde in den vergangenen Jahren, auch aus Sicherheitsgründen, aufwendiger und damit teurer. Manche Verkehrsbetriebe verlangen deshalb von neuen Busfahrern, sich zu verpflichten, mindestens zwei Jahre im Unternehmen zu bleiben. Auch das passt nicht zum Zeitgeist.
Kein Wunder, dass die Transportund Verkehrsbranche heilfroh über den Trend zu automatisch fahrenden Fahrzeugen ist. Sie wird künftig weniger Fahrer benötigen. Ein Frächter wird eine fahrerlose Lkw-Flotte steuern und aus der Ferne überwachen, ein städtisches Verkehrsunternehmen eine fahrerlose Busflotte. Digital gesteuerte U-Bahnen, die in kürzeren Abständen und mit weniger Energieverbrauch unterwegs sind als die mit menschlichen Fahrern, gibt es schon in vielen Städten und Flughäfen. Auch Häfen transportieren Container fahrerlos.
Und irgendwann wird es auch auf den Straßen normal sein, dass Lkw und Busse ohne Fahrer unterwegs sind. So ähnlich wie bei Flugreisen. Auch dort sind längst Autopiloten im Einsatz, nicht immer steuert ein Pilot. Tests zu fahrerlosen Verkehren auf dem Boden laufen längst. Automatisierung ist nicht nur schlecht. Sie erlaubt den Menschen künftig, mobiler zu sein als je zuvor, ohne dass sich jemand den anstrengenden Job eines Berufsfahrers antun muss.