Wie gefährlich sind Waffen aus dem 3D-Drucker?
In den USA hat ein Höchstgericht die virtuelle Verbreitung von Herstellungsanleitungen für Ein-Schuss-Pistolen vorerst gestoppt. Was das für Auswirkungen auf Österreich haben könnte.
5000 haben sich die Pläne heruntergeladen
Es klingt wie ein Horrorszenario aus einem futuristischen Kriminalfilm: Daheim kann jeder an seinem 3D-Drucker – ohne Kontrolle durch Behörden – seine eigenen Pistolen und Gewehre ausdrucken. Doch all das ist längst Realität. In Amerika haben sich 5000 Menschen Baupläne für Pistolen aus dem Internet bereits heruntergeladen.
Dass es nicht wesentlich mehr sind, liegt daran, dass ein US-Bundesgericht die geplante Veröffentlichung der Pläne für die Herstellung des „Liberator“(Befreier) durch die Organisation „Defense Distributed“gestoppt hat. Nach dem Erlass einer einstweiligen Verfügung am Dienstag wurde die betreffende Internetseite blockiert.
Doch was, wenn sich unter jenen 5000 Downloadern, die sich die gefährlichen Dateien rechtzeitig gesichert hatten, auch ein Österreicher befand und dieser nun seinen 3DDrucker anwirft? Aus dem Innenministerium kamen dazu deutliche Worte, jedoch auch einiges an Gelassenheit gegenüber der Heimwerkerpistole. „Im Fall des Ausdrucks einer Schusswaffe der Kategorie B (Faustfeuerwaffe, halbautomatische Schusswaffe oder Repetierflinte) muss der Betroffene Inhaber einer Waffenbesitzkarte oder eines Waffenpasses für Schusswaffen der Kategorie B sein“, hieß es auf SNAnfrage.
Derzeit sei jedenfalls in Österreich kein derartiger Fall einer ausgedruckten Waffe bekannt. Auch wurde eine solche noch nie für eine Straftat verwendet. „Tests zeigen, dass diese Waffen kaum brauchbar sind beziehungsweise bei der ersten Schussabgabe explodieren“, sagte Sprecher Christoph Pölzl.
„Ich habe mir die Bilder von der Waffe angeschaut. Die könnte man mit einem Heimdrucker schon herstellen“, so wagt Andreas Steininger vom Institut für Fertigungstechnik und Hochleistungslasertechnik an der Technischen Universität Wien eine Ferndiagnose. Was man dazu benötigt: ein Programm, mit dem man 3D-Körper zeichnen kann. Diese werden über ein Softwarepaket in Schichten unterteilt und diese dann ausgedruckt.
„Der Laie kennt sich damit in ein bis zwei Wochen ganz gut aus, der versierte Technik-Fan wird wahrscheinlich innerhalb von ein paar Stunden das erste Teil ausdrucken können“, schätzt Steininger.
Brancheninsidern zufolge sind die 3D-Drucker ein Renner. Das hat der Handel längst erkannt. Bei der Baumarktkette Hornbach gibt es etwa zwei Modelle zur Auswahl. Zu haben sind sie um aktuell 775 oder 1425 Euro. Eingesetzt würden Drucker im Privatbereich vor allem bei Modellbauern, verrät Steininger. „Es gibt aber auch eine recht große Community, die sich billige Drucker kauft und damit Bauteile für neue Drucker ausdruckt.“Diese Geräte können mitunter bis zu einem Meter Seitenlänge erreichen.
Dass 3D-Drucker nicht ausschließlich zu lebensbejahenden Zwecken – wie etwa dem Bau von Häusern in der Dritten Welt – eingesetzt werden, sondern auch für lebensfeindliche, überrascht Andreas Steiniger von der TU Wien nicht. „Es war klar, dass so etwas kommen wird. Das ist ja auch nicht neu.“
Da liegt der Wissenschafter durchaus richtig. Denn der Gründer von „Defense Distributed“, Cody Wilson, hatte bereits 2013 Pläne für die Herstellung der Schusswaffe „Liberator“auf 3D-Druckern veröffentlicht. Das Außenministerium untersagte ihm das wenige Tage später mit Verweis auf Exportkontrollgesetze. Wilson klagte erfolglos dagegen. Im Juni 2018 schloss die US-Regierung unter der Führung von Präsident Donald Trump einen außergerichtlichen Vergleich mit „Defense Distributed“, der damit die Veröffentlichung von Waffenplänen für 3D-Drucker im Internet gestattet wurde.
Die Organisation kündigte später an, die Pläne von diesem Mittwoch an kostenlos zum Herunterladen anzubieten. Letztlich stellte sie schon am Dienstag Pläne für die weitgehend aus Plastik bestehende Pistole ins Netz.
Anhänger von ausgedruckten Ein-Schuss-Pistolen müssen aber für den Kauf eines 3D-Druckers nicht nur recht tief in die Tasche greifen. Sie brauchen vor allem Geduld. Denn so eine Plastikwaffe druckt sich mit herkömmlichen Geräten nicht gerade im Handumdrehen. Andreas Steiniger von der TU Wien: „Bei 20 Zentimetern Bauhöhe beträgt die Druckzeit eines Bauteils mindestens einen Tag.“