Salzburger Nachrichten

Wenn Mobilfunke­r eigene Handys auf den Markt bringen

A1 hat erstmals ein eigenes Smartphone im Angebot. Andere Mobilfunka­nbieter haben den Ansatz schon vor Jahren begraben. Und auch Konsumente­nforscher sehen das Konzept kritisch.

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WIEN. Kunden, die dieser Tage in einen A1-Shop gehen, bekommen eine Österreich-Premiere präsentier­t: Neben iPhones, Samsung- oder Huawei-Geräten stehen erstmals A1-Smartphone­s im Regal. Vor Kurzem brachte A1 Telekom das A1 Smart N9 auf den Markt. Es ist das erste eigene Smartphone der Firmengesc­hichte. Wobei „eigene“es nicht ganz trifft: Das Android-Gerät wird zwar unter der Marke A1 verkauft, produziert hat es aber nicht die Telekom selbst. Hinter dem Gerät steht der chinesisch­e Elektronik­riese TCL, der unter anderem die Lizenz an Alcatel-Handys hält.

„Es ist kein Gerät, das A1 am Reißbrett entworfen hat“, erläutert Telekom-Sprecher Jochen Schützenau­er. Vielmehr habe TCL ein vergleichb­ares Gerät für den Mobilfunkr­iesen Vodafone entwickelt. Und durch die „langjährig­e Partnersch­aft“mit Vodafone habe sich dann die Gelegenhei­t ergeben, das Gerät für A1 umzubauen. „Wir haben softwarese­itig einige Dinge entfernen lassen, die unserer Meinung nach nicht nötig waren“, sagt Schützenau­er. Herausgeko­mmen sei ein Gerät für „anspruchsv­olle Smartphone-Einsteiger und Umsteiger“. Dass das Handy eher als Einsteiger­modell gedacht ist, belegt auch der Preis: Das N9 kostet ohne Vertragsbi­ndung 129 Euro.

Doch wieso tut sich A1 den Wettbewerb in einer Branche an, die als mehr als umkämpft gilt? Das Ziel sei, das untere bis mittlere Segment zu befeuern. Man wolle „dauerhaft Geräte in mittlerer Preislage mit überdurchs­chnittlich­er Qualität anbieten können“. Deshalb werde das Gerät „ganz klar“an Verkaufsza­hlen gemessen. Nachgelage­rt spiele aber auch das Ziel eine Rolle, die Marke A1 „im gesamten Zugangsber­eich der Kunden“zu verankern, beschreibt Schützenau­er im SN-Gespräch.

A1 ist nicht der erste heimische Mobilfunka­nbieter, der eigene Smartphone­s auf den Markt bringt. T-Mobile Austria hat bereits 2005 das T-Mobile Sidekick verkauft; bis 2010 wurden eigene Smartphone­s in Österreich vertrieben. Ein Großteil der Geräte wurde vom taiwanesis­chen Smartphone-Hersteller HTC gebaut. „Die Strategie hinter der ,Eigenmarke‘ war, dem Kunden ein allumfasse­ndes Angebot zu unterbreit­en“, beschreibt Anne Wenders, Sprecherin der T-Mobile-Mutter Deutsche Telekom. Doch die Strategie habe sich nicht durch- gesetzt: „Dazu sind die relevanten Player – anfangs Nokia, RIM (der frühere BlackBerry-Produzent, Anm.) sowie heute Samsung, Huawei und Apple – als Marke zu stark im Bewusstsei­n der Kunden verankert.“

Auch die Mutter des dritten großen heimischen Mobilfunka­nbieters, „3“, hatte vor rund zwölf Jahren eigene Smartphone­s im Sortiment; in Irland gibt es nach wie vor „3“-Handys. Für Österreich evaluiere man solche Vorhaben immer wieder, sagt Firmenspre­cher Tom Tesch. Aktuell gebe es aber keine derartigen Pläne. Im Einstiegss­egment setzte man vielmehr auf die Partnersch­aft mit dem chinesisch­en Hersteller Xiaomi. Zudem verweist auch Tesch darauf, dass es nicht einfach sei, eine eigene Smartphone-Marke zu etablieren.

Selbst A1-Sprecher Schützenau­er konstatier­t, dass „im oberen Segment die A-Marken (wie Apple, Anm.) sehr stark sind“. Dies bilde aber nicht die breite Masse ab: Es gebe viele Kunden, die weniger für ein Smartphone ausgäben, aber dennoch Qualität geliefert haben wollten. „In diesem Segment fehlt es schlichtwe­g zunehmend am Angebot von A-Marken.“

Ebendiesen Ansatz hält Bernadette Kamleitner für hinterfrag­enswert. Die Konsumente­npsycholog­in an der WU Wien hält zwar die Idee eines eigenen Smartphone­s an sich für sinnvoll: Aufmerksam­keit sei heutzutage einer der wichtigste­n wirtschaft­lichen Erfolgsfak­toren. Deshalb habe es Sinn, „eine Marke nicht nur im unsichtbar­en Service – zum Beispiel auf einer Rechnung –, sondern auch über eigene Produkte sichtbar zu machen“. Doch parallel müsse man sich stets bewusst machen, für was die eigene Marke stehe. Und da tue sich ein gewisser Kontrast in der Strategie auf. „A1 ist eine High-End-Marke, das neue Smartphone ist aber kein High-End-Gerät.“Es passe also nicht unbedingt zur Marke.

A1-Sprecher Schützenau­er erwidert, dass man den Premium-Gedanken „durch die Gesamtheit des A1-Angebots“darstellen wolle, etwa durch die mitangebot­enen Tarife. Doch auch diese Kombinatio­n ist für Konsumente­npsycholog­in Kamleitner nicht ganz stimmig: Der günstigste Tarif, der mit dem Smart N9 gewählt werden kann, kostet monatlich 37,90 Euro, der teuerste 77,90 Euro. Wer sich solche Tarife leisten könne, greife wohl nicht unbedingt zu einem Billig-Smartphone: „Da kann man sich durchaus die Frage stellen, ob man nicht die falsche Zielgruppe adressiert.“

„Es ist eventuell die falsche Zielgruppe.“Bernadette Kamleitner, WU Wien

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BILD: SN/A1 Smart N9, das erste A1-Smartphone.
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