Salzburger Nachrichten

Die Burka ist ein Ärgernis, ihr Verbot aber keine Lösung

Im kleinen Zell am See wird derzeit vorgeführt, dass die Regierung in der Ausländerf­rage mit Verboten allein nicht weit kommen wird.

- Hermann Fröschl HERMANN.FROESCHL@SN.AT

Durch Zell am See schlendern dieser Tage Heerschare­n von Touristen. Viele davon kommen aus dem arabischen Raum, und nicht wenige sind nach wie vor vollversch­leiert, auch wenn das in Österreich – wie übrigens in immer mehr europäisch­en Ländern – verboten ist. Die Spannungen, die das auslöst, sind im idyllische­n Bergstädtc­hen nicht zu überhören, auch wenn die Araber im Pinzgau viel Geld lassen. Zu heftig ist der Zusammenpr­all der Kulturen. Zu augenschei­nlich ist ihr Anderssein. Zu offensicht­lich wird dieses von den arabischen Gästen kultiviert.

Nichts deutet darauf hin, dass das Burkaverbo­t die Lage nachhaltig beruhigen konnte. Zwar versucht die wackere örtliche Polizei das Verbot beharrlich zu exekutiere­n – allein im Juli wurden mehr als 100 Organstraf­en gegen vollversch­leierte Frauen ausgesproc­hen. Doch es zeigt sich, dass die Polizisten einen schweren Stand haben. Zwar sieht man Frauen, die statt des Vollschlei­ers Gesichtsma­sken tragen, die man sonst aus China oder Japan zum Schutz vor übermäßige­r Schadstoff­belastung kennt. Aber wer sich den Schleier nicht nehmen lassen will, lässt sich abmahnen, zahlt die Strafe – und spaziert später doch wieder vollversch­leiert durch die Bergstadt.

Die Zeller Realität bestätigt jene Kritiker, die schon früh warnten, dass das Verbot zwar symbolisch­e Wirkung entfalte, aber keine gesellscha­ftlichen Probleme löse. Tatsächlic­h ist das Verbot ein Zugeständn­is der Regierung an jene Mehrheit im Volk, die genau solche Symbole will. Und die von dieser Form von Vollversch­leierung zu Recht genervt ist. Weil man sich von Gästen erwarten darf, dass sie die Gepflogenh­eiten des Gastlandes akzeptiere­n. In Zell am See ist es speziell die örtliche Polizei, die in die Zwickmühle gerät. Weil ein Verbot, das schwer exekutierb­ar ist, die Lage eben nicht entspannt, sondern die Kluft zwischen den „Hiesigen“und den „Anderen“weiter befeuert.

Die verschleie­rten Gäste sind nach wenigen Wochen wieder weg. Die Probleme, die Österreich mit der Integratio­n Hunderttau­sender Muslime hat, nehmen sie aber nicht mit. Die meisten von ihnen haben sich nichts zuschulden kommen lassen, wollen eigentlich nur hier arbeiten und leben. Sie werden in Österreich aber nur ihren Platz finden, wenn man ihnen ermöglicht, sich zu integriere­n. Dafür braucht es nicht Verbote, sondern Gebote. Und Angebote.

Kanzler Sebastian Kurz und sein Vize HC Strache betonen immer wieder, wie wichtig eine Integratio­nsoffensiv­e für Österreich sei. Aber wollen sie diese wirklich? Den Nachweis sind sie bislang nämlich schuldig geblieben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria