Wann wählen die Steirer?
Wieder einmal gibt es Umsturzgerüchte in der steirischen SPÖ. Verteidigungsminister Mario Kunasek möchte in die Landesregierung wechseln. Eine Vorverlegung der Wahl auf 2019 ist derzeit nicht auszuschließen.
Wird „Zukunftspartner“Schickhofer erdrückt?
GRAZ. Sommerliche Neuwahlgerüchte gehören zur Steiermark wie das Ungeheuer zu Loch Ness. Heuer werden sie unter anderem durch eine Unruhe in der steirischen SPÖ genährt, die auf Landeschef Michael Schickhofer zurückgeht. Der 38Jährige, der auch Stellvertreter von ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer ist, hatte in der letzten Landtagssitzung vor der Sommerpause bei einem KPÖ-Antrag nicht gegen den von der ÖVP-FPÖBundesregierung beschlossenen Zwölf-Stunden-Tag gestimmt. Schickhofer begründete die Abkehr von der Parteilinie mit der steirischen Koalitionsvereinbarung, wonach sich Schwarz und Rot bei Bundesthemen nicht überstimmen sollen: Wasser auf die Mühlen jener, die von einem „Kniefall vor der ÖVP“sprechen und es dem Jungpolitiker nicht zutrauen, gegen den g’standenen ÖVPler Schützenhöfer reüssieren zu können.
Der nach der Landtagswahl 2015 vom grollenden Landeshauptmann Franz Voves überraschend eingesetzte Michael Schickhofer ist an der Parteispitze nicht unumstritten. Er habe zwar an sich und seiner Außenwirkung gearbeitet, verfüge aber über zu wenig Ecken, Kanten und Charisma, meinen einige aus dem roten Lager. Und: Schickhofer werde durch die Umarmung des Landeshauptmanns in der als „Zukunftspartnerschaft“titulierten Koalition schier erdrückt. In den Umfragen liegt der 66-jährige Schützenhöfer, der die Rolle des amikalen Landesvaters sichtlich genießt und sich gegenüber dem türkisen Bundesparteichef Sebastian Kurz als loyal erweist, klar voran. Wer könnte dem Politprofi Paroli bieten? Als möglicher SchickhoferNachfolgekandidat wird meist ExVerkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) genannt. Die mächtigen Gewerkschafter Josef Muchitsch und Horst Schachner gelten als weitere rote Personalreserven. Und dann fällt medial immer wieder auch der Name des Trofaiacher Bürgermeisters Mario Abl.
Schickhofer hat indes versichert, 2020 bei der Landtagswahl antreten zu wollen. Die mittlerweile eingekehrte Sommerruhe könnte auch damit zu tun haben, dass keiner den Königsmörder spielen möchte. Der nächste reguläre Wahltermin wäre im Mai 2020. Sollte es doch noch zu einem Umsturz in der SPÖ kommen, würde der Termin wohl platzen. Die Zeit drängt für die Sozialdemokraten. Gleichzeitig nimmt der Druck von außen zu. FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek hat in einem „profil“-Interview angekündigt, bei der kommenden Landtagswahl als blauer Spitzenkandidat antreten und – für den Fall, dass die Blauen in die Regierung kommen sollten – in die grüne Mark wechseln zu wollen.
Erst kürzlich hat der 42-jährige Grazer mit mehreren Plakatmotiven („Unser Herz gehört der Steiermark“) einen Zwischenwahlkampf geführt. Der FPÖ wird zugetraut, die SPÖ im Land überholen und auf Platz drei verdrängen zu können. Wie ein durch falsche Personalentscheidungen ausgelöster Sturz in die Bedeutungslosigkeit aussehen kann, wird der SPÖ in Graz vor Augen geführt. Die einstige Bürgermeisterpartei erreichte im Vorjahr gerade noch 10,05 Prozent der Stimmen und ist nur noch fünfstärkste Kraft. Der wacker kämpfende Grazer SPÖ-Chef Michael Ehmann hat erst kürzlich den Neustart ausgerufen, die Talsohle bei den Mitgliederzahlen sei überwunden, hieß es: „Unsere Neuorientierung ist voll im Laufen. Unsere Fenster und Türen sind sperrangelweit offen.“
Denkbar ist, dass auch die ÖVP an vorgezogenen Neuwahlen Interesse haben könnte. Die Überlegung dabei: Mitte 2020 könnte der Sebastian-Kurz-Effekt bereits wieder Geschichte sein.