Weniger Ankünfte, mehr Diskussion über sichere Häfen
Im ersten Halbjahr 2018 sind nur in Spanien mehr Migranten angekommen als im Vorjahr. Auch wegen Italiens Politik.
Insgesamt hat die Zahl der Menschen, die über das Mittelmeer nach Europa gekommen sind, laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) drastisch abgenommen: Waren es von Jänner bis Juli 2017 noch rund 114.000 Menschen, kamen im gleichen Zeitraum dieses Jahres nur knapp 52.000 an.
Die meisten von ihnen gingen in Spanien an Land. Bis Ende Juli wurden rund 23.000 registriert – das sind drei Mal so viel wie im Vorjahr. Nach Süditalien gelangten nur noch 18.000 Menschen, ein Minus von 80 Prozent.
Die Verlagerung Richtung Spanien ist offenbar eine Folge der EUZusammenarbeit mit Libyen und des harten Kurses der italienischen Regierung. Die libysche Küstenwacht stoppt inzwischen im EUAuftrag viele Boote und bringt die Migranten nach Libyen zurück – nach IOM-Angaben in diesem Jahr schon mehr als 12.000 Menschen.
Zudem hat Italien seine Häfen für die Rettungsschiffe der im Mittelmeer tätigen zivilen Rettungsorganisationen geschlossen. Auch Handelsschiffe und patrouillierende Marineschiffe europäischer Länder stoßen auf immer größere Probleme, wenn sie gerettete Menschen nach Italien bringen wollen.
Flüchtlinge und Migranten nach Libyen zurückbringen ist allerdings nach Ansicht der noch im Mittelmeer tätigen zivilen Organisationen nicht möglich. Denn Libyen sei kein „sicherer Hafen“.
Das internationale Seerecht sieht vor, dass Gerettete in den nächsten sicheren Hafen gebracht werden müssen. Dies muss ein Ort sein, wo das Leben der geretteten Personen nicht länger gefährdet ist und an dem zumindest Basisanforderungen in Bezug auf Verpflegung, Unterkunft, medizinische Versorgung und Möglichkeiten zum weiteren Transport erfüllt werden.
Diese Bedingungen seien aus Sicht der EU-Kommission in Libyen nicht erfüllt, sagte erst kürzlich eine Sprecherin in Brüssel, nachdem ein italienisches Schiff Flüchtlinge nach Libyen zurückgebracht hatte. EU-Schiffe dürften gerettete Migranten nach internationalen Regeln nicht nach Libyen bringen. Selbst dann nicht, wenn der Rettungseinsatz in dem Meeresgebiet erfolge, für das Libyen seine Zuständigkeit erklärt habe.