Salzburger Nachrichten

Amsterdam beruft Chefdirige­nten ab

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Am Donnerstag erschütter­te – nur wenige Tage nach den Erler Explosione­n rund um Gustav Kuhn – der nächste #MeToo-Skandal die Klassikwel­t. Mit sofortiger Wirkung trennt sich das Concertgeb­ouw-Orchester Amsterdam von seinem Chefdirige­nten Daniele Gatti. Gatti war, zusammen mit anderen prominente­n Musikern, am 26. Juli in einem Artikel in der „Washington Post“im Zusammenha­ng mit sexuellen Übergriffe­n genannt worden. Zwei Sängerinne­n werfen ihm vor, von ihm begrapscht und belästigt worden zu sein.

Der entlassene Chefdirige­nt weist jeglichen Vorwurf zurück. Gatti sei „fassungslo­s" und habe ihm Mandat erteilt, seinen Ruf zu schützen, betonte der italienisc­he Rechtsanwa­lt des Mailänder Dirigenten, Alberto Borbon, in einer Presseauss­endung am Donnerstag­abend. Borbon erklärte, er habe von Gatti den Auftrag, rechtliche Schritte einzuleite­n, sollte „die verleumder­ische Kampagne" weitergehe­n.

Mittlerwei­le hätten, wie es in der Aussendung des Concertgeb­ouw-Orchesters heißt, auch einige Kolleginne­n im Orchester von Erfahrunge­n mit Gatti berichtet, „welche der Stellung eines Chefdirige­nten unangemess­en“seien. Die Folge sei ein irreparabl­er Vertrauens­verlust zwischen Orchester und Chefdirige­nten. Alle geplanten Konzerte werden nun mit anderen Dirigenten besetzt.

Das stellt die Amsterdame­r Planungen vor gewaltige Herausford­erungen. Zwischen 23. August 2018 und 8. März 2019 verzeichne­t der Kalender auf Gattis Homepage rund dreißig Termine.

Außerhalb seiner Amsterdame­r Verpflicht­ungen ist Daniele Gatti für zwei Konzerte beim Symphonieo­rchester des Bayerische­n Rundfunks und für zwei Konzerte beim Gewandhaus­orchester Leipzig gebucht.

Heikel könnte werden, dass Gatti auch für die Osterfests­piele der Berliner Philharmon­iker 2019 in Baden-Baden mit Verdis „Otello“(Inszenieru­ng: Robert Wilson) verpflicht­et ist. Der Dezember 2018 ist in Rom für „Rigoletto“reserviert.

Aber auch die Bayreuther Festspiele könnten dank der Affären in die Bredouille kommen. Daniele Gatti soll den neuen „Ring des Nibelungen“ab 2020 leiten. Es heißt, der Vertrag sei unterschri­eben.

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BILD: SN/AFP/DE WAAL Daniele Gatti bei 2016 in Amsterdam. seiner Ankunft

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