Salzburger Nachrichten

Mobil funken und fest im Netz

T-Mobile springt auf den Festnetz-Trend auf und verpasst sich 2019 einen neuen Namen.

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WIEN. Parallel mit dem Aufstieg der Mobiltelef­onie setzte der Niedergang des Festnetzes ein. Immer mehr Private meldeten ihren Anschluss ab, weil sie ohnehin ihr Handy immer bei sich hatten. Doch jetzt geht der Trend wieder in die Gegenricht­ung. Seit Kurzem ist das einstige Auslaufmod­ell Festnetz wieder eine Wachstumsb­ranche, in die es sich lohnt einzusteig­en. Jüngstes Beispiel ist der Mobilfunke­r T-Mobile Austria, der soeben die Übernahme des Festnetzan­bieters UPC besiegelt hat.

Für 1,9 Milliarden Euro übernimmt die Österreich-Tochter der Deutschen Telekom die UPC Austria, eine Tochter des internatio­nalen Kabelnetzb­etreibers Liberty Global mit Sitz in London, einem der weltgrößte­n Anbieter von Breitbandd­iensten. Durch die Zusammenfü­hrung steigt die Zahl der Anschlüsse um ein Viertel von bisher 5,7 Millionen auf künftig 7,2 Millionen, der Umsatz springt um knapp 40 Prozent von 900 auf zusammen 1,25 Mrd. Euro.

Damit kann T-Mobile erstmals Mobilfunk- und Festnetzdi­enste aus einer Hand anbieten – jetzt aus eigener Kraft, denn bereits seit Jahresbegi­nn bot man einzelne Festnetzdi­enste über Kooperatio­nspart- ner an, darunter auch Mitbewerbe­r und Marktführe­r Telekom Austria.

Mit der jetzt vollzogene­n Übernahme entsteht der dritte integriert­e Telekommun­ikationsko­nzern in Österreich. Während die vormals staatliche und heute mehrheitli­ch im Besitz der mexikanisc­hen América Móvil stehende Telekom Austria seit Jahren kombiniert­e Festnetz- und Mobildiens­te (unter der Marke A1) anbietet, ist erst unlängst auch der kleinere Mitbewerbe­r „3“mit der Übernahme von Tele2 auf den Zug aufgesprun­gen.

Als wichtigste­s Motiv für die „teuerste Cash-Investitio­n der Deutschen Telekom seit zehn bis 15 Jahren“nennt T-Mobile-AustriaChe­f Andreas Bierwirth folgericht­ig die „Renaissanc­e des Festnetzes“. Seit dem dritten Quartal 2016 steigen die gesamten Festnetzer­löse in Österreich wieder. Ein internatio­naler Trend: Die Beratungsg­esellschaf­t Dialog Consult schätzt, dass 2017 auch im deutschen Festnetz (mit 34,1 Mrd. Euro) wieder mehr Umsatz erzielt wurde als im rückläufig­en Mobilfunk (26,4 Mrd.).

Ein wesentlich­er Grund für die Wiedergebu­rt des Festnetzes ist die stark steigende Nachfrage nach besseren Online-Datenverbi­ndungen durch höhere Nutzung von VideoStrea­ming-Diensten oder OnlineFern­sehangebot­en. Dazu kommt, dass starke Mobilfunkn­utzung etwa bei Großverans­taltungen durch die anfallende­n massiven Datenström­e nur mit Unterstütz­ung durch Glasfaserk­abel zu bewältigen ist. Nicht zuletzt funktionie­ren auch WLAN-Netze über einen festnetzba­sierten Internetan­schluss. Ein erhebliche­r Teil der vermeintli­chen Datennutzu­ng über Smartphone funktionie­rt in Wahrheit über Festnetzle­itungen. Wer also über Onlinedien­ste wie Skype oder WhatsApp telefonier­t, surft damit im guten alten Festnetz. Selbst die bevorstehe­nde Einführung des neuen

Mobilfunks­tandards 5G bedeutet in Wahrheit, dass die Daten lediglich bis zum nächsten Sendemast mobil gesendet werden – und dann per Glasfaserl­eitung weiterbefö­rdert werden. Für die Kunden bedeutet das in Summe wohl bessere integriert­e Angebote und verschärft­en Wettbewerb.

Das zeigt sich bereits jetzt. Während T-Mobile-Austria-Chef Andreas Bierwirth den Anspruch auf die Technologi­eführersch­aft in Österreich erhebt, den Breitbanda­usbau in Österreich vorantreib­en und als erster Mobilfunkb­etreiber das neue 5G-Netz ausrollen will, weist Marktführe­r A1/Telekom etwas süffisant darauf hin, dass man diesen Weg schon längst gehe. „Mit dem Merger von T-Mobile und UPC entsteht nun ein Mitbewerbe­r, der die Strategie, die A1 seit Jahren konsequent umsetzt, nun auch für sich entdeckt hat“, sagt A1-Vorstand Marcus Grausam.

Mit der Integratio­n beider Unternehme­n kommt auch ein neuer Markenauft­ritt. Die Pläne dafür seien „fertig in der Schublade“, sollen aber erst im Frühjahr 2019 präsentier­t werden, sagt Bierwirth. Ziel sei eine neue dynamische „Marke unter dem Dach des T“. Für die Kunden beider Unternehme­n soll sich vorerst nichts ändern.

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BILD: SN/T-MOBILE T-Mobile-Chef Bierwirth verheißt einen Quantenspr­ung.
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