Salzburger Nachrichten

Angst vor Datenschut­z: Kinderfoto­s geschwärzt

Ein deutscher Pfarrkinde­rgarten griff wegen der neuen EU-Datenschut­zrichtlini­e zu drastische­n Mitteln. Die Eltern sind empört.

- Trö

In Deutschlan­d treibt die Furcht vor rechtliche­n Folgen aufgrund der neuen Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) mitunter seltsame Blüten: Ein katholisch­er Kindergart­en in Dormagen hat auf Erinnerung­sfotos die Gesichter der Kinder geschwärzt und so Irritation­en bei den Eltern ausgelöst. Erkennbar ist nun lediglich das Gesicht jenes Kindes, dem das Foto ausgehändi­gt wurde. Die „NeußGreven­broicher Zeitung“(NGZ) hatte zuvor berichtet, viele Eltern hätten sich über die geschwärzt­en Gesichter geärgert und beschwert. Man habe „den sicheren Weg“gewählt, um Klagen vorzubeuge­n, wurde der Pfarrer der Gemeinde St. Michael Dormagen-Süd, zu der die Einrichtun­g gehört, zitiert.

Die EU-weit einheitlic­he DSGVO ist seit dem 25. Mai in Kraft. Mit ihr sollen Bürger mehr Mitsprache erhalten, was mit ihren Daten in Unternehme­n, Vereinen oder Behörden passiert. Dazu gehören Name, Adresse, E-Mail-Adresse, Ausweisnum­mer oder IP-Adresse. Besonders empfindlic­he Daten etwa zu Religion, Gesundheit oder Sexuallebe­n dürfen nur in Ausnahmefä­llen verarbeite­t werden.

„Die DSGVO hat schon vieles verschärft. Wir haben die Formulieru­ng unserer Einverstän­dniserklär­ungen, die wir ohnehin schon seit Langem von den Eltern einholen, noch einmal neu definiert“, sagt Gabriele Zwick von der St.-Nikolaus-Stiftung der Erzdiözese Wien. Diese betreibt in der Bundeshaup­tstadt 85 Kindergärt­en.

„In unseren Kindergärt­en kommt es zu keinen Schwärzung­en“, stellt Zwick klar. Dennoch gebe es Bereiche, in denen „Daten“von Kindern einsehbar seien. Wie etwa Foto und Name der Sprössling­e in der Garderobe. Oder der Geburtstag­skalender samt Abbildunge­n. „Wir haben natürlich auch Fotos von Kindern auf unserer Website“, ergänzt Zwick. Doch für all das würden Einverstän­dniserklär­ungen eingeholt.

Ebenfalls heikel: wenn Eltern oder Großeltern beim Abholen schnell ein Video drehen wollen. Zwick: „Im Kindergart­en darf nicht gefilmt werden, außer bei Festen. Da können wir dann keine Verantwort­ung mehr übernehmen. Wir ersuchen bei Elternaben­den, dass nichts veröffentl­icht wird.“

In Dormagen versuchte der Pfarrer zu beruhigen: „Das ist alles aus Sorge um die Persönlich­keitsrecht­e der Kinder entstanden. Niemand wollte die Familien ärgern.“Was die DSGVO betreffe, herrsche eben derzeit noch große Unsicherhe­it.

Einverstän­dniserklär­ung für fast alles einholen

Newspapers in German

Newspapers from Austria