Salzburger Nachrichten

Wo sich der Schleier nicht lüftet

Das Burkaverbo­t lässt sich schwer exekutiere­n. Heute reist ein saudischer Botschafte­r nach Zell.

- THOMAS SENDLHOFER

„Es ist ihnen einfach nur egal“, sagt Barbara Scheicher, die einen Bootsverle­ih am Zeller See betreibt. Mit „ihnen“meint sie einige arabische Urlauber. Und „einfach nur egal“ist den Gästen laut Scheicher das sogenannte Anti-Gesichtsve­rhüllungs-Gesetz, das seit 1. Oktober 2017 gilt. Trotz Verhüllung­sverbots muss man in Zell am See nicht nach Niqab-Trägerinne­n suchen – sie laufen den Besuchern unveränder­t über den Weg. „Für mich hat sich gar nichts geändert“, stellt Scheicher fest.

Ihre Gäste weise sie auf die geltende Rechtslage nicht mehr hin, nachdem sie im Oktober vom Mann einer verschleie­rten Frau zurechtgew­iesen worden sei. Das Diskutiere­n überlässt sie mittlerwei­le den Polizeibea­mten, die sie beinahe täglich bei Amtshandlu­ngen an der Promenade beobachtet. „Wenn sie da durchgehen, wird kassiert“, schildert Scheicher.

Anton Fersterer ist die Präsenz der Polizei zu wenig. Er sitzt beim Lokalaugen­schein am späten Donnerstag­vormittag vor einer Konditorei in der Kirchgasse und erzählt vom „neuesten Schmäh“einiger findiger Touristinn­en: Die Frauen versuchten mit „Arztmasken“das Verhüllung­sverbot zu umgehen. Seiner Meinung nach wird das Gesetz „nicht ordentlich exekutiert“.

Kurt Möschl kennt diesen „Trick“bestens. „Sie erfahren in der Unterkunft vom Verhüllung­sverbot und gehen dann zur Apotheke, um sich einen Mundschutz zu kaufen“, sagt der Zeller Bezirkspol­izeikomman­dant. Den Vorwurf, Verstöße gegen das Verhüllung­sverbot nicht zu sanktionie­ren, muss sich der oberste Polizist im Pinzgau seit Wochen anhören. „Den einen tun wir zu wenig. Die sind der Meinung, wir sollten ihnen die Burka abnehmen und 150 Euro kassieren. Und die anderen fragen uns, ob wir nichts Besseres zu tun haben“, beschreibt Möschl seine schwierige Lage. Zwar tummeln sich zahlreiche verhüllte Frauen in der Zeller Innenstadt. Untätigkei­t will sich der Bezirkspol­izeikomman­dant dennoch nicht nachsagen lassen. „Die Vorgehensw­eise ist nach wie vor die gleiche: Wir weisen sie auf das Verbot hin und die Verhüllung wird abgenommen.“Allerdings lässt die Disziplin bei manchen Gästen nach wie vor zu wünschen übrig. Im Juli hat die Polizei laut Möschl in Zell am See rund 100 Organmanda­te in Höhe von 30 Euro verhängt, weil das Verbot selbst nach einer Abmahnung nicht eingehalte­n worden war. Allerdings: „Da hat es davor Hunderte Abmahnunge­n gegeben, bevor es zu 100 Organmanda­ten gekommen ist. Die meisten geben die Verhüllung anstandslo­s ab“, kalmiert Möschl. „Eine Anzeige selbst haben wir noch nicht gehabt. Und ich hoffe, es bleibt dabei – den Wirbel brauche ich nicht.“

Mit diesem Wunsch ist Möschl in Zell am See nicht allein. Die Betreiberi­n eines Kleiderges­chäfts wimmelt, angesproch­en auf das

„Die Polizei exekutiert das Gesetz nicht ordentlich.“Anton Fersterer, Einheimisc­her

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BILD: SN/WALTER SCHWEINÖST­ER Neuester Trick: Verhüllung mit Mundschutz.
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