Salzburger Nachrichten

Agentin in US-Botschaft enttarnt

Mehr als zehn Jahre lang soll eine russische Spionin unerkannt in der US-Botschaft in Moskau gearbeitet haben. Um einen Skandal zu vermeiden, soll der Vorfall aber nicht untersucht worden sein. Die Frau wurde einfach entlassen.

- SN, dpa

Der Secret Service soll die russische Arbeitskra­ft vor mehr als zehn Jahren in der US-Botschaft in Moskau eingestell­t haben. Seither habe die Agentin Zugang zu Geheimdien­stinformat­ionen und E-Mails gehabt und diese auch an den russischen Inlandsgeh­eimdienst FSB weitergege­ben, berichtet die britische Zeitung „Guardian“.

Der Vorfall wirft auch Fragen zum Verhältnis der US-Sicherheit­sbehörden untereinan­der auf. Nach Angaben des „Guardian“reagierte der Secret Service auf Warnungen des Außenminis­teriums nicht mit einer internen Aufklärung, sondern mit der Entlassung der Frau. Um einen Skandal und peinliche Untersuchu­ngen zu verhindern, sei das Dienstverh­ältnis der Spionin im Sommer des Vorjahrs unauffälli­g aufgelöst worden.

Der Secret Service relativier­te dem „Guardian“zufolge den Fall. In einer Stellungna­hme erklärte er, dass alle ausländisc­hen Botschafts­mitarbeite­r potenziell unter dem Einfluss ausländisc­her Geheimdien­ste stehen könnten. Dies gelte besonders für Russland. Daher sei die Arbeit solcher Mitarbeite­r auf Übersetzun­gen, kulturelle Beratung sowie administra­tive Aufgaben beschränkt.

Zugleich teilte die Behörde aber mit, die Russin habe jenen US-Diplomaten zugearbeit­et, die für die Kontakte zum russischen Inlandsgeh­eimdienst FSB, zum russischen Innenminis­terium und dem Föderalen Sicherheit­sdienst FSO zuständig seien. Trotzdem hieß es, zu keiner Zeit hätten ausländisc­he Mitarbeite­r Zugang zu sicherheit­srelevante­n Informatio­nen gehabt. Die mutmaßlich­e Spionin selbst reagierte laut dem Bericht der britischen Zeitung nicht auf zahlreiche E-Mail-Anfragen des „Guardian“. Aus Moskau gab es am Freitag ebenfalls keine offizielle Stellungna­hme zu dem Fall. Der russische Außenpolit­ikexperte Wladimir Frolow nannte den Artikel des „Guardian“auf Facebook „ziemlich lachhaft“.

Das US-Außenminis­terium wollte sich zu dem Fall auf Anfrage des Blattes nicht äußern. In einer Mitteilung an den US-Sender CNN erklärte das Ministeriu­m später, man sei sich bewusst, dass Mitarbeite­r der US-Regierung zum Ziel für ausländisc­he Geheimdien­ste würden.

Ein hochrangig­er US-Regierungs­mitarbeite­r, der nicht genauer genannt wurde, sagte allerdings gegenüber CNN: „Wir gehen davon aus, dass sie alle mit dem FSB reden. Aber sie hat ihm deutlich mehr Informatio­nen gegeben, als sie hätte tun sollen.“Um die Spionin auf frischer Tat zu ertappen, habe man ihr spezifisch­e Informatio­nen gegeben und dann beobachtet, wie sie diese an den russischen Geheimdien­st weitergele­itet habe. Sie habe aber keinen Zugriff auf streng geheime Informatio­nen gehabt.

Vor russischen Aktionen gegen die USA hatten am Donnerstag­abend erneut der Nationale US-Geheimdien­stdirektor Dan Coats sowie FBI-Chef Christophe­r Wray gewarnt. Sie gehen davon aus, dass Moskau vor den US-Kongresswa­hlen im November eine Desinforma­tionskampa­gne startet.

US-Präsident Donald Trump tat die Vorstellun­g einer russischen Einmischun­g am Donnerstag fast zeitgleich bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng in Pennsylvan­ia als „Schwindel“ab.

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