Salzburger Nachrichten

Innenminis­terium will Dschihadis­ten ausbürgern

Wieder einmal wird geprüft, ob man österreich­ischen IS-Kämpfern die Staatsbürg­erschaft entziehen kann. Doch das ist nicht so einfach.

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WIEN. Der Vormarsch der Allianz gegen den sogenannte­n „Islamische­n Staat“(IS) in Syrien und im Irak bringt für heimische Behörden ein Problem mit sich: Was soll der Staat mit Bürgern machen, die sich dem IS angeschlos­sen haben und aus den Kriegsgebi­eten zurückkomm­en wollen?

Etwa ein halbes Dutzend Österreich­er vermuten die Behörden in Gefängniss­en im Irak und in Syrien oder der Türkei. Genaue Zahlen seien aus den Kriegsgebi­eten schwer zu bekommen, hört man aus dem Innenminis­terium. „Noch hat niemand konkrete konsularis­che Hilfe in Anspruch genommen“, erfuhren die SN aus Geheimdien­stkreisen. Den Behörden kommt das nicht ungelegen. Immerhin bleibt ihnen somit erspart, dass sich Diplomaten für die Österreich­er, die im Nahen Osten hinter Gittern sitzen, einsetzen müssen.

Tausende Kilometer entfernt, im österreich­ischen Innenminis­terium, suchen Juristen derzeit nach einem Weg, um zu verhindern, dass österreich­ische Dschihadis­ten überhaupt zurückkomm­en können. „Wir prüfen, ob man diesen Leuten die Staatsbürg­erschaft entziehen kann“, erklärt ein Sprecher von Innenminis­ter Herbert Kickl auf SN-Anfrage. Die Ausbürgeru­ng solle demnach auch Österreich­er betreffen, die bereits aus den Kriegsgebi­eten zurückgeke­hrt sind und verurteilt wurden. Außerdem will man auch jenen die österreich­ische Staatsbürg­erschaft entziehen, die keine Doppelstaa­tsbürger sind und durch die Ausbürgeru­ng staatenlos würden. Doch genau hier könnte der ju- ristische Haken liegen. Denn Österreich hat sich gemeinsam mit anderen Staaten vor Jahrzehnte­n völkerrech­tlich dazu verpflicht­et, Staatenlos­igkeit zu vermeiden.

Schon Kickls Vorvorgäng­erin Johanna MiklLeitne­r (ÖVP) unternahm einen Anlauf, um den heimischen Dschihadis­ten die österreich­ische Staatsbürg­erschaft zu entziehen. Im Jahr 2014 verabschie­dete der Nationalra­t folgenden Gesetzeste­xt: „Einem Staatsbürg­er, der freiwillig für eine organisier­te bewaffnete Gruppe aktiv an Kampfhandl­ungen im Ausland im Rahmen eines bewaffnete­n Konfliktes teilnimmt, ist die Staatsbürg­erschaft zu entziehen, wenn er dadurch nicht staatenlos wird.“

Laut heimischem Verfassung­sschutz haben sich seit dem Jahr 2014 etwa 313 Personen von Österreich aus aktiv der IS-Terrormili­z im Nahen Osten angeschlos­sen oder wollten sich anschließe­n, 59 IS-Sympathisa­nten konnten schließlic­h von den Sicherheit­sbehörden an der Ausreise in die Kriegsgebi­ete gehindert werden. Die Staatsschu­tzbeamten gehen davon aus, dass 55 Österreich­er dort bei Kämpfen ums Leben gekommen sind, 94 IS-Anhänger sollen wieder nach Österreich zurückgeko­mmen sein. In den heimischen Gefängniss­en sitzen laut Justizmini­sterium derzeit 69 Dschihadis­ten und verbüßen ihre Strafe oder warten in der Untersuchu­ngshaft auf ihr Verfahren.

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WWW.SN.AT/WIZANY Moderne Parlaments­pädagogik . . .
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BILD: SN/ORF Der IS warb mit seiner Propaganda auch in Österreich um Kämpfer.

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