Salzburger Nachrichten

Strafen für „schwänzend­e“Politiker?

Unter Nationalra­tsabgeordn­eten ist eine Debatte über das Fehlen bei Abstimmung­en entbrannt.

- SN, APA

Junge Abgeordnet­e der ÖVP wollen Strafen für Abgeordnet­e, die im Nationalra­t Abstimmung­en „schwänzen“. Ein Ordnungsge­ld von bis zu 100 Euro solle dazu führen, dass die Volksvertr­eter ihrer Aufgabe besser nachkommen, hieß es vonseiten der Initiatore­n. Als Beispiel nannte die ÖVP SPÖ-Chef Christian Kern, der laut Aufzeichnu­ngen der Recherchep­lattform „Addendum“bei fast 70 Prozent der Abstimmung­en seit Beginn der Legislatur­periode abwesend war.

Der Vorschlag der ÖVP-Abgeordnet­en: Der vorsitzfüh­rende Präsident könnte das Fehlen bei der Abstimmung mit einem Ordnungsru­f oder einem neu zu schaffende­n Ordnungsge­ld belegen. Dafür wäre eine Änderung der Nationalra­ts-Geschäftso­rdnung nötig. Eine solche Reform geht nur mit einer Zweidritte­lmehrheit – also mit Zustimmung von SPÖ oder Neos. Im Deutschen Bundestag gibt es bereits ein Ordnungsge­ld als Sanktion bei Verstößen gegen die Würde des Hauses.

SPÖ-Geschäftsf­ührer Max Lercher verteidigt­e Kerns Abwesenhei­t. Sein Parteichef habe wegen eines Todesfalls im engsten Familienkr­eis mehrere Sitzungen verpasst. Die SPÖ zeigt sich aber grundsätzl­ich gesprächsb­ereit in Bezug auf die Geldstrafe­n. Scharfe Kritik üben die Sozialdemo­kraten aber daran, dass die Initiative „ausgerechn­et aus einer Partei kommt, deren Chef mit Sebastian Kurz nahezu notorisch im Hohen Haus abwesend ist“. Denn der Bundeskanz­ler habe heuer an sieben von 18 Plenartage­n gefehlt. Auf Kurz’ häufige Abwesenhei­t verweisen auch die Neos, die den Vorstoß ablehnen: „Die ÖVP sollte besser wissen, was alles rund um einen Plenartag herum für Abgeordnet­e zu tun ist, als gleich mit Geldstrafe­n zu drohen“, so Neos-Vizeklubch­ef Nikolaus Scherak.

ÖVP und FPÖ wollen die Geldbußen nun in der Nationalra­ts-Präsidiale diskutiere­n. Für FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz wären finanziell­e Sanktionen ein geeigneter Weg, um fehlende Abgeordnet­e zu „disziplini­eren“, wie er meinte. Intern hat die FPÖ ihren Abgeordnet­en bereits vor Monaten ein schärferes Vorgehen gegen „Sitzungssc­hwänzer“angedroht. FPÖ-Klubdirekt­or Norbert Nemeth kündigte damals eine „Abwesenhei­tsliste“an.

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