Diesen Dirigenten sollten sich die Philharmoniker gut merken
Esa-Pekka Salonen leitete im Großen Festspielhaus ein denkwürdiges Konzert mit Musik von Berio, Bartók und Strauss.
SALZBURG. Früher gab es Teufelsgeiger. Jetzt gibt es sie zwar – by the way – auch noch immer, zum Beispiel in Gestalt der russischen Konzertmeisterin der Wiener Philharmoniker, die die Soli mit Bravour meisterte. Dazu kam aber noch ein sehr präziser, schnörkelloser Teufelsdirigent wie Esa-Pekka Salonen, der Richard Strauss’ „Also sprach Zarathustra“mit großen Bewegungen, stets durchhörbar, aber ohne die oft zu übertrieben vergrößerte Geste und ohne detaillistisch-besserwisserischen Schnickschnack zu dirigieren versteht.
Salonen stand immer bereit, wenn es notwendig war, die Musiker in die richtige Richtung mitzunehmen und sie anzufeuern, um ihnen im nächsten Moment wieder so viel Freiraum als nötig zu lassen.
Salonens Dirigat bleibt so stets flüssig, aufs Ganze bedacht und dem musikalischen Duktus verpflichtet, ohne sich allzu sehr vom philosophischen Hintergrund des „Zarathustra“irritieren zu lassen. „Weltanschauungs-Musik“bleibt dem finnischen Musiker – Gott sei Dank – fremd. Dafür sind andere zuständig.
Bemühtheit ist in einem solchen Konzert ein Fremdwort. Da setzt sich eben einfach in Musik um, dass der Dirigent zugleich auch ein Komponist ist und sich vielleicht besser als andere ausmalen kann, was im Kopf eines Musikers vorgeht. Und es ist doppelt nützlich, wenn einer aus Erfahrung weiß und ahnt, wo in einem Konzert eine Pause sein muss. Es war eine gute Idee, Luciano Berios geniale „Folk Songs“nicht – wie noch im Programmheft angekündigt – zwischen dem „Zarathustra“ und Béla Bartóks „Wunderbaren Mandarin“zermalmen zu lassen. Das gab zugleich auch der Mezzosopranistin Marianne Crebassa als Interpretin der von Berio mit so leicht erscheinender, quasi „linker“Hand geschriebenen Lieder genug Raum, ihren Charme kokett zur Entfaltung zu bringen. Den Höhe- und Schlusspunkt dieser wahrhaft „europäischen“Lieder dieses wahren Europäers, der musikalisch immer Italiener blieb, bildete jener unübersetzbare „Azerbaijan love song“. Wie Béla Bartók hat sich Berio immer zur Volksmusik seiner Heimat hingezogen gefühlt und von ihr die Kraft zum Komponieren geschöpft. Viel zu wenig wird seine Musik gespielt, seit er nicht mehr am Leben ist. „Zeit mit Berio“wäre eine schöne Sache. Und Bartók? Der war in dem umjubelten Konzert mit einem seiner wildesten Stücke überhaupt vertreten, der Konzertsuite zur BallettPantomime „Der wunderbare Mandarin“, einem schaurigen Mittelding zwischen Märchen, Gruselstück und expressionistischem Drama.
Da war Esa-Pekka Salonen erst recht in seinem Element und setzte ein wahres Stakkato-Feuer in Gang, bei dem auch die Philharmoniker einmal mehr beweisen konnten, wie sehr sie inzwischen mit der Musik des 20. Jahrhunderts vertraut sind. Sie wurden zusammen mit dem Dirigenten mit Jubelkaskaden belohnt.