Was tun mit einem geangelten Fisch?
Darf man, moralisch betrachtet, einen Fisch angeln und wieder zurücksetzen?
Kurz vorweg: Neuigkeiten von Evi und ihren Piperln – Leser der Tierseite wissen Bescheid – gibt es in Kürze wieder, die Rasselbande wächst und gedeiht. Heute liegt mir ein anderes aktuelles Thema am Herzen: Anfang vergangener Woche war im Lokalteil der SN ein beeindruckendes Foto zu sehen. Ein Mann posierte neben einem 25 bis 30 Kilogramm schweren Stör, den er bei einem Fischteich in Saalfelden nach „halbstündigem Drill“aus dem Wasser gezogen hatte. Nach dem Foto wurde der Stör zurückgesetzt.
Die Tatsache, dass der Fisch wieder in die Freiheit entlassen wurde, ist auf den ersten Blick eine gute Tat. Das Tier ist am Leben geblieben und kann weiterhin seine Kreise im Fischteich ziehen. Doch es gibt eine Kehrseite dieser Sache: In §5 (1) des österreichischen Tierschutzgesetzes heißt es: „Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.“Wir wissen heute: Auch Fische sind empfindsame Wesen. Sie erleben Stress in für sie unangenehmen Situationen und schütten Kuschelhormone aus, wenn sie Behaglichkeit verspüren. Es gibt spannende Versuche, wie Fische beispielsweise konsequent vor leichten Stromstößen ausweichen, aber zielstrebig zu Massagebürsten schwimmen, die ihnen Wohlbefinden bereiten.
Einem Fisch, der eine halbe Stunde an der Angel um sein Leben kämpft, werden gewiss Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt, und höchstwahrscheinlich wird er auch in schwere Angst versetzt. Auch „Schonhaken“ohne Widerhaken müssen sich durch die Maulschleimhaut bohren. Ohne Verletzungen geht das Fischen nicht. So gesehen würde jeder Angler gegen das Tierschutzgesetz verstoßen – wäre da nicht der Begriff „ungerechtfertigt“. Dieses Wort lässt Interpretationsspielraum, aber es gibt einen weitreichenden Konsens darüber, dass die Gewinnung eines Lebensmittels Schmerzen, Leiden und Schäden rechtfertigt. Heißt im Klartext: Wer einen Fisch aus dem Wasser zieht, muss ihn töten, um ihn zu essen. Wer das nicht tut, angelt nur zum (einseitigen) Spaß.
Aber reicht der Spaß des Menschen als Rechtfertigung? Es gibt Teiche, die nur für „catch and release“(fangen und freilassen) angelegt wurden. Manche dicken Karpfen werden mehrmals pro Woche herausgezogen, man schießt ein Foto für Facebook und wirft das Tier wieder ins Wasser – bis am nächsten Tag der nächste Sportangler daherkommt.
Am deutschen Bodenseeufer gab es vergangene Woche ein wegweisendes Urteil: Ein „catch and release“-Fischer, der im Internet ein Foto mit einem zwei Meter großen Wels gepostet hatte, ist zu einer Geldstrafe von 1400 Euro verurteilt worden. In Österreich ist das Fischereigesetz Landessache. In Vorarlberg ist „catch and release“, anders als in Salzburg, explizit verboten. Mit wenigen Ausnahmen, beispielsweise wenn der Fisch zu klein ist oder versehentlich eine geschonte Art angebissen hat. Wie denken Sie über das Fangen und Freilassen? Ihre Meinung interessiert mich. Kontakt: