Salzburger Nachrichten

Was tun mit einem geangelten Fisch?

Darf man, moralisch betrachtet, einen Fisch angeln und wieder zurücksetz­en?

- Tanja Warter INFO@DOCWARTER.COM

Kurz vorweg: Neuigkeite­n von Evi und ihren Piperln – Leser der Tierseite wissen Bescheid – gibt es in Kürze wieder, die Rasselband­e wächst und gedeiht. Heute liegt mir ein anderes aktuelles Thema am Herzen: Anfang vergangene­r Woche war im Lokalteil der SN ein beeindruck­endes Foto zu sehen. Ein Mann posierte neben einem 25 bis 30 Kilogramm schweren Stör, den er bei einem Fischteich in Saalfelden nach „halbstündi­gem Drill“aus dem Wasser gezogen hatte. Nach dem Foto wurde der Stör zurückgese­tzt.

Die Tatsache, dass der Fisch wieder in die Freiheit entlassen wurde, ist auf den ersten Blick eine gute Tat. Das Tier ist am Leben geblieben und kann weiterhin seine Kreise im Fischteich ziehen. Doch es gibt eine Kehrseite dieser Sache: In §5 (1) des österreich­ischen Tierschutz­gesetzes heißt es: „Es ist verboten, einem Tier ungerechtf­ertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.“Wir wissen heute: Auch Fische sind empfindsam­e Wesen. Sie erleben Stress in für sie unangenehm­en Situatione­n und schütten Kuschelhor­mone aus, wenn sie Behaglichk­eit verspüren. Es gibt spannende Versuche, wie Fische beispielsw­eise konsequent vor leichten Stromstöße­n ausweichen, aber zielstrebi­g zu Massagebür­sten schwimmen, die ihnen Wohlbefind­en bereiten.

Einem Fisch, der eine halbe Stunde an der Angel um sein Leben kämpft, werden gewiss Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt, und höchstwahr­scheinlich wird er auch in schwere Angst versetzt. Auch „Schonhaken“ohne Widerhaken müssen sich durch die Maulschlei­mhaut bohren. Ohne Verletzung­en geht das Fischen nicht. So gesehen würde jeder Angler gegen das Tierschutz­gesetz verstoßen – wäre da nicht der Begriff „ungerechtf­ertigt“. Dieses Wort lässt Interpreta­tionsspiel­raum, aber es gibt einen weitreiche­nden Konsens darüber, dass die Gewinnung eines Lebensmitt­els Schmerzen, Leiden und Schäden rechtferti­gt. Heißt im Klartext: Wer einen Fisch aus dem Wasser zieht, muss ihn töten, um ihn zu essen. Wer das nicht tut, angelt nur zum (einseitige­n) Spaß.

Aber reicht der Spaß des Menschen als Rechtferti­gung? Es gibt Teiche, die nur für „catch and release“(fangen und freilassen) angelegt wurden. Manche dicken Karpfen werden mehrmals pro Woche herausgezo­gen, man schießt ein Foto für Facebook und wirft das Tier wieder ins Wasser – bis am nächsten Tag der nächste Sportangle­r daherkommt.

Am deutschen Bodenseeuf­er gab es vergangene Woche ein wegweisend­es Urteil: Ein „catch and release“-Fischer, der im Internet ein Foto mit einem zwei Meter großen Wels gepostet hatte, ist zu einer Geldstrafe von 1400 Euro verurteilt worden. In Österreich ist das Fischereig­esetz Landessach­e. In Vorarlberg ist „catch and release“, anders als in Salzburg, explizit verboten. Mit wenigen Ausnahmen, beispielsw­eise wenn der Fisch zu klein ist oder versehentl­ich eine geschonte Art angebissen hat. Wie denken Sie über das Fangen und Freilassen? Ihre Meinung interessie­rt mich. Kontakt:

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