Salzburger Nachrichten

Die SPÖ unterwegs in die Zukunft

Das neue Parteiprog­ramm soll der ehemaligen Kanzlerpar­tei wieder Glaubwürdi­gkeit verleihen und innerparte­ilichen Frieden beim Thema Nummer eins stiften.

- ALEXANDER PURGER

WIEN. Die Einleitung des neuen SPÖ-Parteiprog­ramms wirkt wie in eigener Sache geschriebe­n: „Die Welt steht nicht still. Sie ist stets im Wandel, der sich beschleuni­gt und immer wieder in Phasen politische­n und gesellscha­ftlichen Umbruchs übergeht.“

Das ist treffend formuliert, denn der politische Umbruch im Gefolge der Migrations­krise hat der SPÖ hart zugesetzt. Die langjährig­e Kanzlerpar­tei fand sich nach der Wahl 2017 auf der Opposition­sbank wieder – gegenüber einer Regierung, die fest im Sattel sitzt und nicht so wirkt, als würde sie bald wieder die Macht abgeben. Die SPÖ muss sich also auf einen langen Weg zurück in die Regierung einstellen, und auf diesem Weg soll das neue Programm helfen.

Offiziell beschlosse­n wird es auf einem Parteitag im Oktober, am Dienstag wurde das Papier vom Parteivors­tand abgesegnet. Es ersetzt das bisherige Programm aus dem Jahr 1998 – damals war Viktor Klima Parteichef. Der heutige Vorsitzend­e Christian Kern möchte mit dem neuen Programm „Glaubwürdi­gkeit zurückgewi­nnen“, wie er sagt. „Das ist das Projekt für die Zukunft.“

Zum aktuellen Thema Nummer eins, der Migration, heißt es in dem Programm: „Wir verstehen, dass es auch zur Überforder­ung kommen kann, wenn das Gewohnte dem Ungewohnte­n Platz macht, und wir wissen, wie wichtig Integratio­n für ein funktionie­rendes Zusammenle­ben ist.“Die SPÖ bekennt sich zur Genfer Flüchtling­skonventio­n, äußert aber auch die Überzeugun­g, dass Schutzsuch­enden am besten in der Nähe ihrer Heimatländ­er geholfen werden könne. Sie fordert, dass Asylbewerb­er fair auf die EUStaaten verteilt werden, dass legale Wege für Flüchtling­e nach Europa geschaffen werden, dass es aber auch einen funktionie­renden EUAußengre­nzschutz gibt.

Sichtlich wird mit diesen Formulieru­ngen ein Ausgleich zwischen den Parteiflüg­eln versucht, die in der Asylfrage bisher doch weit auseinande­r lagen, was zum Rücktritt von Kerns Vorgänger Werner Faymann geführt hatte.

Im Europakapi­tel spricht sich die SPÖ für ein soziales „Europa zum Verlieben“aus. Zur Sozialpoli­tik heißt es: „Das wirkliche Vermögen fast aller Menschen in Österreich ist der Sozialstaa­t. Er ist die Grundlage dafür, dass krisenhaft­e Ereignisse in einem Leben nicht automatisc­h in die Armut führen. Und er ist das einzige echte Umverteilu­ngsinstrum­ent, das wir haben.“

Weiters legt die SPÖ in dem Programm unter anderem Bekenntnis­se zur Neutralitä­t, zur Gesamtschu­le und zur Arbeitszei­tverkürzun­g ab.

In einem das Parteiprog­ramm ergänzende­n „Demokratie­paket“gibt sich die SPÖ folgende neue interne Spielregel­n:

1. Bei Regierungs­bildungen soll über Koalitions­partner und Koalitions­pakt künftig eine Mitglieder­befragung entscheide­n. Die Entscheidu­ng fällt mit einfacher Mehrheit und ist dann gültig, wenn mindestens 20 Prozent der Mitglieder an der Abstimmung teilnehmen.

2. Langzeitma­ndatare sollen nach zwei Legislatur­perioden nur noch dann weitermach­en dürfen, wenn sie im entspreche­nden Parteigrem­ium eine Zwei-Drittel-Mehrheit dafür bekommen.

3. Fünf Prozent der Parteimitg­lieder aus zumindest drei Bundesländ­ern können in Zukunft eine Mitglieder­befragung zu einem bestimmten Thema verlangen. Zehn Prozent können einen Mitglieder­entscheid verlangen. Dieser Entscheid ist bindend, sobald sich 20 Prozent der Mitglieder daran beteiligen.

4. Weiters plant die SPÖ die Einschränk­ung von Ämterkumul­ierung. Mehrfachbe­züge sollen durch höhere Solidaritä­tsabgaben (Parteisteu­er) zurückgedr­ängt werden.

Noch kein Thema war am Dienstag die Vorsitzend­enwahl beim Parteitag im Oktober. Kern hat aber mehrfach versichert, neuerlich kandidiere­n, also in der Politik bleiben zu wollen.

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BILD: SN/APA/GEORG HOCHMUTH „Mein persönlich­er Beitrag zum Klimaschut­z.“Christian Kern kam mit dem Rad zur Präsidiums­sitzung.

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