Das große Verdienst des Jean-Claude Juncker beim Trump-Gipfel
Der Chef der Europäischen Kommission hat nicht nur einen Handelskrieg mit den USA vorerst abgewendet, er hat Wichtigeres erreicht.
Dass der Juncker/Trump-Gipfel vor zwei Wochen ein Erfolg war, steht außer Zweifel. EUKommissionspräsident Juncker hat einen für beide Seiten teuren Handelskrieg zumindest vorläufig abgewendet. Schließlich beträgt der Handel mit Gütern und Dienstleistungen zwischen der EU und den USA fast ein Drittel des Welthandels, und daran hängen mehr als elf Millionen Beschäftigte beiderseits des Atlantiks.
Juncker hat aber auch, was langfristig viel wichtiger ist, Trump das Zugeständnis abgerungen, gemeinsam an einer Reform der Welthandelsorganisation WTO (World Trade Organization) zu arbeiten. Ein unerwarteter Erfolg, angesichts der großen Aversion von Trump gegenüber multilateralen Vereinbarungen und Organisationen, wie es die WTO eben eine ist. Die liberalisierte Weltwirtschaft von heute braucht notwendiger denn je ein globales Regelwerk, das allen Marktteilnehmern zumindest ein Minimum an Chancengleichheit gewährt. Und solche Regeln betreffen nicht nur den Handel, sondern auch andere Bereiche, wie Klimaschutzabkommen, Menschenrechtskonvention, Atomsperrvertrag oder den Handel mit nuklearen Materialien. Was die WTO betrifft, muss man zugeben, dass ihr in die Jahre gekommenes Regelwerk angesichts des Globalisierungsschubs der vergangenen Jahrzehnte, neuer Technologien und internationaler Produktionsketten stumpf geworden ist und dringend einer Erneuerung bedarf.
Man muss auch eingestehen, dass die USKritik an der WTO in einigen Punkten durchaus berechtigt ist. Die Schiedsgerichtsverfahren dauern unendlich lang. Die Definition dessen, was unter den Begriff öffentliche Unternehmen (public bodies) fällt, ist zu eng und erlaubt den Staaten, Unternehmen in ihrem Dunstkreis zu bevorzugen und Wettbewerbsvorteile zu verschaffen (z. B. China). Wie generell die Bekämpfung wettbewerbsverzerrender Subventionen ein Schwachpunkt der WTO ist. Zwar gibt es eine Notifizierungspflicht von Subventionen, aber keine Ahndung bei Verstößen. Last, but not least ist das Einstimmigkeitsprinzip der WTO bei 164 Mitgliedern ein Hemmschuh für jede weitere Entwicklung. Eine Reform der WTO ist ohne Zweifel ein schwieriges Unterfangen. Sowohl die USA als auch China werden sich entscheiden müssen, ob sie ein funktionierendes multilaterales Regelwerk wünschen. Wenn ja, sind Konzessionen beiderseits unumgänglich (Schiedsgericht, Subventionen, Abstimmungsmechanismus).
Durch die Installierung von trilateralen Gesprächen zwischen USA, EU und Japan könnte China in Fragen WTO-Reform flexibler werden. Um den Boden dafür aufzubereiten, hat die EU-Kommission bereits vor dem Gipfelgespräch Juncker/Trump gemeinsam mit China eine Arbeitsgruppe zur Reform der WTO eingerichtet. Präsident Junckers großes Verdienst ist es, von Präsident Trump die Zustimmung zu Gesprächen über eine Reform der WTO erreicht zu haben. Die Mitgliedsstaaten schulden ihm auch dafür großen Dank.