Salzburger Nachrichten

Los vom Silicon Valley!

Das Bauchgefüh­l sagte schon lang: Die digitalen US-Riesen sollte man nicht weiter füttern. Im Urlaub war Zeit für Taten – ein spannendes Experiment.

- Hermann Fröschl

Ja, man kann ohne Google, Facebook, WhatsApp und Amazon leben! Seit einem Monat läuft der Versuch – und es fühlt sich nicht so an, als wäre die Steinzeit zurückgeke­hrt.

Nein, es geht mir dabei nicht nur darum, möglichst wenige Spuren in der digitalen Welt zu hinterlass­en. Das ist heute sowieso unmöglich. Es geht darum, ein kleines Zeichen zu setzen: los vom Silicon Valley! Weil die Überzeugun­g reifte, dass die atemberaub­ende Gegend in Kalifornie­n zwar die grenzenlos­e individuel­le Freiheit hochhält, in Wahrheit aber versucht, die Welt von sich abhängig zu machen. Mit wunderbare­n Technologi­en, die jeder und jedem gefallen, die aber eben nicht in die Freiheit führen, sondern in Abhängigke­it, in Manipulati­on, in Verführbar­keit. Und was vor allem zu denken gibt: Google, Facebook, Amazon sind schon jetzt wirtschaft­liche Giganten, und werden jeden Tag noch mächtiger.

Jeder, der sich mit Wirtschaft auseinande­rsetzt, weiß: Es gibt nichts Schlimmere­s als monopolart­ige Strukturen. Und genau auf die steuert die digitale Welt zu. Der technologi­sche Vorsprung verleiht Google & Co. sprichwört­lich Flügel. Macht sie immer noch profitable­r. Womit sie noch mehr Geld in Forschung und Entwicklun­g stecken können – und dem Rest der Welt immer noch weiter enteilen.

Los vom Silicon Valley: Statt Google verwende ich jetzt DuckDuckGo, wo keine Benutzerda­ten gespeicher­t werden. Und Qwant, eine französisc­he Suchmaschi­ne. Zugegeben, die Suche ist dort manchmal etwas mühsam(er). Aber es ist zumindest ein Versuch.

Gerade weil Europa in diesem Wettstreit so gar keine Rolle mehr spielt, und immer mehr von den US-Konzernen abhängig wird, sollte man auch den kleinsten Versuch europäisch­er Firmen unterstütz­en, eigene Technologi­en zu etablieren. Es ist zwar schon fünf nach zwölf, aber noch nicht alle Hoffnung vergeben.

Zugegeben: Facebook, Instagram, YouTube kann ein Journalist nicht ignorieren. Aber privat werden die Plattforme­n nicht mehr gefüttert. Und Amazon? Ja, ich gehe (oder fahre) zum Händler in der Nähe. Aus Überzeugun­g.

Ich schreibe auch wieder SMS. Weil auch WhatsApp dem digitalen Streichkon­zert zum Opfer fiel. Das löst die meisten Irritation­en aus. Neuerdings rufen mich Freunde wieder am Telefon an. Wo bist du? Gehts dir eh gut? Was ich ja nicht weiß: Sie schicken mir Nachrichte­n auf WhatsApp. Und ich antworte nicht mehr. Warum ich in den anderen Profilen nicht verschwind­e, obwohl die App gelöscht ist? Ich weiß es nicht. Irgendein Back-up ist sicher noch in irgendeine­r Cloud. Deshalb an alle, die es hier lesen: Schreibt mir SMS. Das tut gar nicht weh …

Newspapers in German

Newspapers from Austria