Der Wilde Westen im Süden
„Lucky Town“im Burgenland: Hier singen nicht nur Indianer, sondern auch Schlagersänger. Jeden Montag verwandelt sich das als Familienbetrieb geführte Gelände in eine Westernstadt.
GROSSPETERSDORF. Auf den ersten Blick trägt der Sheriff ein Lasso. Bei näherem Hinsehen bemerkt man den Irrtum: Es ist ein Verlängerungskabel, das Sascha Wurglits in den Saloon bringt. Dorthin, wo Steckbriefe – „Wanted: Duko, 2000 Dollar, dead or alive“– hängen, Whiskeys ausgeschenkt werden und Marshal Fritz Wurglits, der Vater des Sheriffs, mit seinem Colt spielt. Und von draußen hört man einen eingängigen Song: „Take Me Home, Country Roads“.
Westernflair im Südburgenland: Am Rande der Uhudler-Region gibt es seit bald 22 Jahren in Großpetersdorf eine Westernstadt. Sie heißt „Lucky Town“, erinnert an ein WildWest-Fort und hat jeden Montag geöffnet. Warum nur montags? „Weil unser Gasthof an diesem Tag Ruhetag hat und wir uns der Westernstadt widmen können“, sagt Sascha Wurglits. Wie er und seine Familie auf die Idee der Westernstadt kamen? „Ich habe immer schon gerne Cowboy und Indianer gespielt und dann gabs noch die Überlegung, den Leuten kulinarisch was Besonderes zu bieten.“Will heißen: In der „Lucky Town“kommen Spareribs, Chili con Carne, Maiskolben, Ofenkartoffel und Lucky Dogs auf den Tisch. Aus dem einstigen Wagnis („Wir haben über 400.000 Euro investiert“) ist eine Institution geworden, an Montagen kommen bis zu 2000 Gäste nicht nur aus dem Burgenland, auch aus der Steiermark, Ungarn oder Wien. Auch weil es in der Music Hall immer wieder Stargäste gibt, die aber nicht einschlägiges Liedgut zum Besten geben müssen. „Stars wie Wolfgang Ambros, die Stoakogler oder Marc Pircher“haben schon bei uns gespielt“, sagt Fritz Wurglits, der als gelernter Tischler für alle Gebäude, vom Gefängnis bis zum Hotel, vom „Telegraph Office“bis zu den Geschäften zuständig war. Was noch fehlt? „Eine Kirche und ein Friedhof.“Eine 2001 als Themenpark konzipierte Westernstadt im niederösterreichischen Wöllersdorf („No Name City“) ist in Konkurs geschlittert. Die mit Maß und Ziel gewachsene „Lucky Town“hingegen floriert. Dort tanzen ältere Semester Line Dance, reiten Kids auf Ponys, drehen die Rapper Sido und Nazar Videos. Und Peter Gollatz alias „Kleiner Rabe“bastelt mit den Kleinen und zeigt ihnen seinen Totempfahl. „Seit meinem dritten Lebensjahr habe ich den Wunsch, ein Indianer zu sein. Hier kann ich ihn mir erfül- len“, sagt der Mann, der seit nunmehr 15 Jahren mit einem traditionellen Federkopfschmuck und Kriegsbemalung seine Runden zieht. Was noch angeboten wird? Reiten auf einem mechanischen Bullen, Bogenschießen und das, was man allgemein Lagerfeuerromantik nennt. Zur Saisoneröffnung gibt es zudem Kutschenfahrten und Auftritte von nachgestellten Nord- und Südstaatenkompanien.
Das familiäre Ambiente überwiegt, von Schlägereien im Saloon sei man bislang verschont geblieben, sagt Sheriff Wurglits. Sein Vater Fritz berichtet, dass seine vier Brüder nach Amerika ausgewandert seien: „Ich bin als Einziger hier geblieben und habe ein Stück Amerika ins Burgenland geholt.“Die Hitze in Großpetersdorf erinnert derzeit in der Tat an Texas. Und wenn „Kleiner Rabe“seinen Indianergesang anstimmt, die Band Johnny Cash covert, glaubt man bald auf Lucky Luke zu stoßen. Oder zumindest auf seinen Schatten.
„Ich war schon immer gern ein Cowboy.“Sascha Wurglits, Lucky-Town-Sheriff