Tobias Moretti hat Lungenentzündung
Zum ersten Mal seit Menschengedenken muss ein Jedermann ersetzt werden: Philipp Hochmair springt ein.
Der Hauptdarsteller im „Jedermann“fällt zumindest heute, Donnerstag, aus. Philipp Hochmair springt ein.
SALZBURG. „Aufgrund einer akuten Lungenentzündung ist Tobias Moretti nicht in der Lage, die kommende Vorstellung ,Jedermann‘ am morgigen 9. August 2018 um 21 Uhr zu spielen.“Mit dieser Mitteilung am Dienstag um 16.21 Uhr gaben die Salzburger Festspiele bekannt, was es seit Menschengedenken nicht gegeben hat: Ein Jedermann ist im wirklichen Leben erkrankt. Ein Jedermann sagt ab.
Sie habe in der Nacht auf Mittwoch von Morettis Erkrankung erfahren, sagt Schauspielchefin Bettina Hering. „Ich bin Philipp Hochmair sehr dankbar, dass er so kurzfristig einsteigt.“Dieser kennt zwar Hugo von Hofmannsthals Stück genau, denn er tritt in der Solo-Performance „Jedermann Reloaded“auf. Diese hatte er übrigens 2013 bei den Salzburger Festspielen herausgebracht , damals im Young Directors Project. Doch die jetzige Inszenierung Michael Sturmingers hat eine eigene Fassung – mit Kürzungen und stellenweise geändertem Text.
Um den zu lernen und um Auftritte und Szenen zu memorieren, hat Philipp Hochmair eineinhalb Tage Zeit. Am Mittwochabend sei Michael Sturminger dafür nach Salzburg geeilt, berichtet Bettina Hering. Regisseur und Hauptdarsteller schauten sich die Videoaufzeichnung der Aufführung gemeinsam an und besprächen alle Details. Wegen der für heute, Donnerstag, zu erwartenden Hitze könne nicht auf dem Domplatz probiert werden. Einzelne Szenen würden also im Haus geprobt; dazu kämen auch andere Schauspieler. „Das gesamte ,Jedermann‘-Team kümmert sich mit Verve und ganzem Können darum, dass wir eine besondere Vorstellung schaffen werden.“
Auf dem Domplatz werde es mit Philipp Hochmair nur „eine sehr genaue Begehung“geben, erläutert Bettina Hering. Effektiv erstmals durchspielen kann der neue Hauptdarsteller die Rolle erst in der Aufführung am heutigen Abend.
Damit wird sein Einsatz deutlich schwieriger als jener der bisher mutigsten Einspringerin dieses Sommers: Emma Posman als Königin der Nacht in „Die Zauberflöte“. Statt zwei Arien obliegt Philipp Hochmair, die tragende Rolle der gesamten Aufführung zu übernehmen. „Es wird sehr spannend“, gesteht die Schauspielchefin. Und die Souffleuse werde an diesem Abend von „eminenter Wichtigkeit“sein. Wie lange Tobias Moretti ausfallen werde, sei nicht abzusehen, sagt Bettina Hering. „Er ist in allerbester Behandlung. Wir planen jetzt für den Neunten, dann sehen wir weiter.“Und wann auch immer er wiederkomme: Sie wünsche ihm auch „allerbeste Heilung“. Für Philipp Hochmair geht nun unverhofft ein Traum in Erfüllung: Noch Mitte Juli, vor seinem Auftritt bei den Festwochen Gmunden, gestand er im SN-Interview: „Ich habe immer wieder angeboten, den ,Jedermann Reloaded‘ als große Party auf dem Domplatz zu machen – als ,Jedermann‘ für jedermann zum Festspiel-Abschluss bei freiem Eintritt. Das wäre schon ein großer Traum für mich.“Heute, Donnerstag, kann er „die große Party“in der Hauptrolle und mit Buhlschaft und Tischgesellschaft absolvieren.
Vor fünf Jahren, bei seinem ersten Auftritt als Solo-Jedermann, sagte Philipp Hochmair: „Da ist ein Kopf, der alle Rollen denkt, der alles sagt. Es gibt keine vierte Wand, weil mein Partner ist das Publikum. Das Ganze ist ein Sprechkonzert – ein Performer und eine Musikerin.“Die Salzburger Festspiele brachten damals neben der Domplatz-Aufführung seinen Solo-„Jedermann“in der ARGEkultur heraus. Einziger Schauspieler in allen Rollen war Philipp Hochmair; ihn begleitete die Rockmusikerin Simonne Jones.
Mit Salzburg verbindet den gebürtigen Oberösterreicher eine lange Beziehung, ja, nach eigener Aussage in einem SN-Interview wurde er „hier entdeckt“. Das war Ende der 1990er-Jahre. Philipp Hochmair spielte im Metropolis-Theater im Nonntal, das als zweite Spielstätte des Kleinen Theaters diente. Peter Zadek kam in einer Vorstellung von „Die Räuber“, weil er auf der Suche nach jemanden für Sarah Kane und deren Inszenierung „Gesäubert“für die Wiener Festwochen war. Hochmair überzeugte Zadek.
Mit „Die Räuber“war er 2008 in Nicolas Stemanns Inszenierung auf der Pernerinsel. 2011 kehrte er dorthin zurück für „Faust I + II“.
„Das wäre ein großer Traum für mich.“Philipp Hochmair, Schauspieler