Salzburger Nachrichten

Baldige Rückkehr ins normale Leben

Die Mediziner des Wiener AKH waren über den Rummel, den es um den frisch operierten Niki Lauda gab, erstaunt. Seine Lungentran­splantatio­n sei „nichts Besonderes“gewesen.

- Walter Klepetko, Chirurg

AKH-Mediziner nehmen zur Lungentran­splantatio­n von Niki Lauda Stellung.

WIEN. „Wir transplant­ieren Lungen zwei bis drei Mal die Woche. Daher waren wir über das enorme Medieninte­resse an Herrn Niki Lauda schon ein bisschen überrascht“, sagte am Mittwoch Walter Klepetko, Lungentran­splanteur des Wiener AKH. Natürlich sei Herr Lauda ein besonderer Mensch, eine Lungentran­splantatio­n für das Weltklasse­team im Wiener Allgemeine­n Krankenhau­s aber „eher eine Routineope­ration“. Mit Einverstän­dnis von Lauda und seiner Familie dürfe er Folgendes sagen: „Niki Lauda ist bei vollem Bewusstsei­n. Er atmet gut mit seinem neuen Organ und sein Genesungsv­erlauf ist sehr erfreulich.“Wenn die Genesung so weitergehe, glauben die Mediziner, dass der 69-jährige ehemalige Rennfahrer wieder „seine Aktivitäte­n wie zuvor“aufnehmen werde können.

Natürlich sei so eine Operation sehr groß und danach fühle man sich, „als ob man von einem Panzer überrollt worden wäre“, erklärte Christian Hengstenbe­rg, Chef der kardiologi­schen Universitä­tsklinik. Niki Laudas Vitalwerte seien aber hervorrage­nd und seine Familie könne ihn bereits für ein paar Minuten auf der völlig keimfrei gehaltenen Intensivst­ation besuchen. Das sei für die Genesung eines Patienten wichtig: dass er sich von seinen Lieben unterstütz­t fühle.

Es habe falsche Meldungen gegeben, wonach Niki Lauda an einer Sommergrip­pe gelitten habe, die eine Lungentran­splantatio­n erforderli­ch machte, sagte am Mittwoch der den Patienten Lauda betreuende Lungenfach­arzt Marco Idzko. Niki Lauda habe aber an einer hämorrhagi­schen Alveolitis gelitten, das sei eine Entzündung der Lungenbläs­chen.

Diese Erkrankung geht mit einem Einbluten in das Lungengewe­be und in die Atemwege einher, für die Lauda eine das Immunsyste­m unterdrück­ende Therapie erhalten habe. Das habe zunächst eine deutliche Besserung seiner Atmung zur Folge gehabt. Doch dann entwickelt­e der Patient eine schwere Lungenentz­ündung, die durch das Einwandern von Entzündung­szellen aus dem Blut in die Lunge entstanden sei. Diese Zellen griffen das Lungengewe­be an. Lauda befand sich in Intensivth­erapie.

Die Klinische Abteilung für Thoraxchir­urgie unter Walter Klepetko, Konrad Hötzenecke­r und Peter Jaksch wurde beigezogen, die eines der führenden Transplant­ationszent­ren weltweit unterhält. Alle anderen Behandlung­swege waren ausgeschöp­ft, Laudas Zustand konnte nicht stabilisie­rt werden. „Er hatte nur noch eine Lebenserwa­rtung von wenigen Tagen, maximal Wochen“, schilderte Hötzenecke­r.

Das Blut von Niki Lauda wurde über eine externe Lungenmasc­hine mit Sauerstoff angereiche­rt. Das Verfahren wird ECMO genannt. Etwa zehn Prozent der 120 am AKH pro Jahr Lungentran­splantiert­en sind ECMO-Patienten, erläuterte Klepetko. Das ist eine Überbrücku­ngsmethode, um den Patienten am Leben zu erhalten, bis er ein neues Organ erhält. Es ist keine Dauerlösun­g. Lauda war bereits als Empfänger für eine Lunge bei Eurotransp­lant angemeldet und in die höchste Dringlichk­eitsstufe gereiht worden. „Er erhielt mehr als 95 Prozent“, sagte Klepetko. Patienten in dieser Kategorie müssen etwa fünf Tage auf ein neues Organ warten. Die Krankheits­daten von Lauda waren übrigens anonymisie­rt. Das schreibt das Prozedere vor.

Als die Meldung kam, dass ein geeignetes Organ in Deutschlan­d vorhanden sei, flog das Entnahmete­am los. Während das Team die Lunge entnahm und nach Wien zurückkehr­te, war Lauda für den Eingriff bereits vorbereite­t worden, um die Zeit zwischen Entnahme und Implantati­on kurz zu halten.

Jetzt hat der weltberühm­te Österreich­er eine neue Lunge. Davor hatte er schon zwei neue Nieren erhalten. Keine Seltenheit, wie die Mediziner sagen. Oft würden Herz und Lunge sogar gemeinsam transplant­iert. Oder Herz und Niere.

Aber eines sei bei aller medizinisc­her Kunst und Erfahrung am wichtigste­n: die Vitalität des Patienten. Nicht unbedingt sein Alter. Denn nur den wirklich starken Menschen könne man eine solche Operation und das Leben mit einem Spenderorg­an zumuten, sagte Klepetko.

„Wir erwarten uns bei ihm eine Rückkehr ins normale Leben.“

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