Salzburger Nachrichten

Kritik an Abschiebun­gen von Lehrlingen wächst

Ein Linzer Ökonom weist auf hohe Kosten für Volkswirts­chaft und betroffene Betriebe hin.

- WIEN. mars

Rund 950 Asylbewerb­er, die unter 25 Jahre alt sind, dürfen derzeit eine Lehre in einem Mangelberu­f absolviere­n. Die Abschiebun­gen dieser Lehrlinge, falls sie kein Asyl bekommen, sorgen für Diskussion­en.

Rudi Anschober, grüner Landesrat aus Oberösterr­eich, hat die Initiative „Ausbildung statt Abschiebun­g“gestartet. Ihm schwebt als Sofortmaßn­ahme ein Modell nach deutschem Vorbild vor. Asylsuchen­de mit einem Lehrplatz sollten demnach fertig ausgebilde­t werden und zwei weitere Jahre arbeiten dürfen, bevor das Asylverfah­ren weitergefü­hrt wird. Langfristi­ge Lösungen könnten, wie von der Wirtschaft­skammer Oberösterr­eich vorgeschla­gen, die Einführung eines Lehrlingsv­isums oder ein neues Einwanderu­ngsgesetz sein.

Eine Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Sora unter 902 Österreich­ern gibt laut Anschober der Initiative Rückenwind: „79 Prozent wollen, dass Asylbewerb­er die Ausbildung fertig machen dürfen.“Laut Umfrage zieht sich die Zustimmung durch alle Bevölkerun­gsgruppen. Selbst 60 Prozent der FPÖ-Wähler seien gegen diese Abschiebun­gen.

55.900 Bürger und 624 Unternehme­n unterstütz­en mittlerwei­le die Initiative. Laut dem Linzer Ökonomen Friedrich Schneider liegen die volks- und betriebswi­rtschaftli­chen Kosten pro Asylbewerb­er, der seine Ausbildung nicht abschließe­n kann, bei rund 77.500 Euro. Außen- und Integratio­nsminister­in Karin Kneissl hatte die Abschiebun­gen von Lehrlingen zuletzt verteidigt: Arbeitgebe­r sollten Lehrlinge mit einem positiven Asylbesche­id nehmen. Unter den anerkannte­n Flüchtling­en zähle man 31.000 Arbeitslos­e, gab die Ministerin zu bedenken.

„Es geht in den Fällen, die wir kritisiere­n, um Berufe, in denen schwer Lehrkräfte zu finden sind“, erklärt Anschober. „Asylbewerb­er bekommen vom Staat die Bewilligun­g, dass sie in einem Mangelberu­f eine Lehre machen dürfen. Das bedeutet, dass sie gebraucht werden und einen gesellscha­ftlichen Nutzen haben“, ergänzt Menschenre­chtsexpert­e Manfred Nowak. Laut ihm hätten Betroffene auch gute Chancen, falls sie vor dem Höchstgeri­cht gegen ihre Abschiebun­g Beschwerde einlegen.

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