Kritik an Abschiebungen von Lehrlingen wächst
Ein Linzer Ökonom weist auf hohe Kosten für Volkswirtschaft und betroffene Betriebe hin.
Rund 950 Asylbewerber, die unter 25 Jahre alt sind, dürfen derzeit eine Lehre in einem Mangelberuf absolvieren. Die Abschiebungen dieser Lehrlinge, falls sie kein Asyl bekommen, sorgen für Diskussionen.
Rudi Anschober, grüner Landesrat aus Oberösterreich, hat die Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“gestartet. Ihm schwebt als Sofortmaßnahme ein Modell nach deutschem Vorbild vor. Asylsuchende mit einem Lehrplatz sollten demnach fertig ausgebildet werden und zwei weitere Jahre arbeiten dürfen, bevor das Asylverfahren weitergeführt wird. Langfristige Lösungen könnten, wie von der Wirtschaftskammer Oberösterreich vorgeschlagen, die Einführung eines Lehrlingsvisums oder ein neues Einwanderungsgesetz sein.
Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Sora unter 902 Österreichern gibt laut Anschober der Initiative Rückenwind: „79 Prozent wollen, dass Asylbewerber die Ausbildung fertig machen dürfen.“Laut Umfrage zieht sich die Zustimmung durch alle Bevölkerungsgruppen. Selbst 60 Prozent der FPÖ-Wähler seien gegen diese Abschiebungen.
55.900 Bürger und 624 Unternehmen unterstützen mittlerweile die Initiative. Laut dem Linzer Ökonomen Friedrich Schneider liegen die volks- und betriebswirtschaftlichen Kosten pro Asylbewerber, der seine Ausbildung nicht abschließen kann, bei rund 77.500 Euro. Außen- und Integrationsministerin Karin Kneissl hatte die Abschiebungen von Lehrlingen zuletzt verteidigt: Arbeitgeber sollten Lehrlinge mit einem positiven Asylbescheid nehmen. Unter den anerkannten Flüchtlingen zähle man 31.000 Arbeitslose, gab die Ministerin zu bedenken.
„Es geht in den Fällen, die wir kritisieren, um Berufe, in denen schwer Lehrkräfte zu finden sind“, erklärt Anschober. „Asylbewerber bekommen vom Staat die Bewilligung, dass sie in einem Mangelberuf eine Lehre machen dürfen. Das bedeutet, dass sie gebraucht werden und einen gesellschaftlichen Nutzen haben“, ergänzt Menschenrechtsexperte Manfred Nowak. Laut ihm hätten Betroffene auch gute Chancen, falls sie vor dem Höchstgericht gegen ihre Abschiebung Beschwerde einlegen.