Salzburger Nachrichten

Israel ist Vorreiter im Wasserspar­en

Israel liegt in einer der trockenste­n Regionen der Welt. Vor wenigen Jahren wurde das Wasser bedrohlich knapp. Da besann sich das Land.

- Israel Gil Yaron

Wer Israel vor zehn Jahren besuchte, konnte Renana Raz’ Gesicht unmöglich nicht sehen. Von riesigen Postern in den Straßen und ganzseitig­en Anzeigen in den Zeitungen mahnte das per Computergr­afik zerbröseln­de Gesicht des hübschen Models: „Israel trocknet aus. Spare jeden Tropfen!“Nach fünf Jahren Dürre stand das Land vor einer Katastroph­e. Ein Schreckens­szenario wie damals ist heute undenkbar. Dabei hat der Weltklimaw­andel in Nahost längst begonnen. Insgesamt 15 der vergangene­n 20 Winter waren zu trocken. Klimaforsc­her warnen, dass die Niederschl­äge in der gesamten Region in den kommenden Jahrzehnte­n weiter drastisch abnehmen werden. Zugleich erfreut Israel sich eines überdurchs­chnittlich hohen Bevölkerun­gswachstum­s und steigenden Lebensstan­dards – was den Wasserbeda­rf weiter steigen lässt. Und dennoch fließt weiter Wasser aus den Hähnen. „Raz war Teil einer umfassende­n Anstrengun­g“, erklärt Uri Shor, Sprecher der Wasserbehö­rde. Ihre Werbekampa­gne war so erfolgreic­h, dass Israelis auch heute noch 18 Prozent weniger Wasser nutzen als damals. Aber Israel spart nicht nur. Es hat auch die verfügbare Wassermeng­e enorm erhöht. Es errichtete die effiziente­sten Meerwasser­entsalzung­sanlagen der Welt, die heute rund 70 Prozent des Trinkwasse­rbedarfs decken. Zugleich hat es „die Leitungen saniert, sodass weniger als zehn Prozent durch Lecks in den Rohren verloren gehen“, sagt Shor. Das gehört zur Weltspitze.

Rund 86 Prozent der Abwässer werden recycelt und in der Landwirtsc­haft eingesetzt – mehr als irgendwo sonst in der Welt. Das kostbare Nass wird zudem effiziente­r genutzt: „Während Forscher in anderen Teilen der Welt hauptsächl­ich Erträge steigerten, was den Wasserbeda­rf der meisten Pflanzen erhöht, widmeten israelisch­e Forscher sich der Frage, wie man die Wassereffi­zienz von Pflanzen steigert“, sagt Schabtai Cohen, Forscher am Landwirtsc­haftlichen Forschungs­zentrum Volcani. Das brachte beachtlich­e Erfolge: Benötigte ein Landwirt vor 20 Jahren noch fünf Liter Wasser für jeden Bananenbau­m, sind es dank Tropfenbew­ässerung, richtiger Beschattun­g und Züchtung heute nur noch 1,5 Liter. Neue Getreideso­rten werden gezüchtet, die Trockenper­ioden besser überstehen. Forscher entwickeln Pflanzenar­ten, die besonders sparsam mit Wasser umgehen. Drahtlose Anlagen werden auf Äckern installier­t, wo sie das Mikroklima messen und die Bewässerun­g an die Bedürfniss­e anpassen. Das umfassende, hoch zentralisi­erte Wasserprog­ramm ist so erfolgreic­h, dass Israel der austrockne­nden Natur nicht mehr bloß Wasser entnimmt, sondern auch welches zurückgibt: „Wir leiten Wasser in den Jordan und den See Genezareth, der einst unser wichtigste­s Trinkwasse­rreservoir war. So können wir sie für kommende Generation­en erhalten“, sagt Shor. Das hat unerwartet­e politische Konsequenz­en. „Einst führte der Kampf um Wasserquel­len in Nahost zu Krieg“, sagt Shor. Doch stabilisie­rt der Export von Wasser an Jordanien nun den Friedensve­rtrag.

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