„Deine Juliet“: Lesen als Flucht aus finsteren Zeiten
Eine Brieffreundschaft führt im Film „Deine Juliet“zurück in jene bittere Zeit, als auf der Kanalinsel Guernsey die deutschen Besatzer wüteten. Regie führt Mike Newell, verantwortlich für so unterschiedliche Filme wie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“(1994) und „Harry Potter und der Feuerkelch“(2005). Hier tut er sich in romantischen Gefilden um: Eine Schriftstellerin (Lily James)stößt 1946 auf der Suche nach Stoff für ein neues Buch auf einen Brief. Darin berichtet ein Unbekannter, dass eine kleine Gruppe Unerschrockener auf Guernsey während des Krieges einen Lesekreis gegründet hatte, ursprünglich als Tarnung, um eine illegale Schweineschlachtung vor den Deutschen geheim zu halten, dann aber immer mehr als Trost in finsteren Zeiten. Die Autorin entschließt sich, die Geschichte dieses Buchklubs zu recherchieren, und findet auf Guernsey Freundschaft, Liebe, Hoffnung und alles, was sie sonst noch braucht.
Wie war das damals, als man in Großbritannien noch eng zusammenhielt und mit Mut, Verzichtbereitschaft und Einfallsreichtum den Zweiten Weltkrieg überstand? Vielleicht ist es die Brexit-Panik der Briten, die derzeit Geschichten aus jenen Tagen Hochkonjunktur im Kino verschafft. Produktionen wie das bedeutungsschwangere Kostümdrama „Churchill“zählen dazu, und allen voran Lone Scherfigs Film „Ihre beste Stunde“über die Bemühungen der Propagandaabteilung, den britischen Kampfgeist nicht ermüden zu lassen. Wo bei Scherfig die Entwicklung einer jungen Frau vom Eheweibchen zur erfolgreichen Drehbuchautorin nur der rote Faden war durch einen Film über die Kriegsbedeutung der britischen Filmwirtschaft, gerinnt bei „Deine Juliet“eine vielversprechende Geschichte zu fadem Durchschnittsschmalz.