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Durch eine neue Studienplatzfinanzierung steigen die Uni-Budgets. Rektoren-Chefin Eva Blimlinger hat dennoch Wünsche an die Politik: Das Studieren soll schneller werden – und vor Abschiebung schützen.
WIEN. Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste in Wien, ist seit Jänner Vorsitzende der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko). Obwohl sie dem grünen Lager zugerechnet wird, findet sie im SN-Gespräch anerkennende Worte für die Universitätspolitik der schwarz-blauen Bundesregierung.
SN: Frau Rektorin, wie geht es den österreichischen Universitäten?
Blimlinger: Den Universitäten geht es gut. Und es wird ihnen in den nächsten Jahren noch besser gehen, da wir mehr Budgetmittel bekommen. Nicht so viel wie ursprünglich beschlossen, aber immerhin. SN: Sie meinen das neue Finanzierungsmodell der kapazitätsorientierten Studienplatzfinanzierung. Wie viel macht dieses Budgetplus aus? Etwa 1,2 Milliarden Euro, aber gerechnet über die Leistungsvereinbarungsperiode von 2019 bis 2021, also für drei Jahre. Diese Budgeterhöhung muss in den folgenden Perioden unbedingt fortgesetzt werden, sonst gibt es einen Kollaps. Denn es ist ein langfristiges Projekt, die Betreuungsquoten in Fächern wie etwa Jus zu verbessern. Das geht nicht innerhalb von drei Jahren. Die Berufung von neuen Professorinnen und Professoren dauert ja ihre Zeit.
SN: Aber grundsätzlich sind Sie mit dem Budget zufrieden?
Na ja, ich möchte schon auf einen Kritikpunkt hinweisen, das sind die Mieten: Die Unis bekommen ihr Budget vom Wissenschaftsministerium. Das Wissenschaftsministerium bekommt die Mittel dafür vom Finanzministerium. Wir zahlen aus dem Budget die Mieten für unsere Gebäude an die BIG, die Bundesimmobiliengesellschaft. Und die BIG liefert ihre Überschüsse wieder ans Finanzministerium ab. Also da wird Geld im Kreis geschickt.
Und durch eine Änderung der Gesetzgebung ist die Vergebührung von Mietverträgen jetzt so teuer, dass manche Unis beim Abschluss neuer Mietverträge einen Großteil ihres Budgetzuwachses, der eigentlich für Forschung und Lehre gedacht ist, als Gebühren ans Finanzministerium abführen müssen. Das ist ein Unsinn der Sonderklasse.
SN: Sie haben kürzlich Vorschläge für ein neues Studienrecht angekündigt. Worum geht es dabei genau?
Die uniko arbeitet erstmals mit der Österreichischen Hochschülerschaft zusammen. Unser gemeinsames Ziel ist es, schnellere Studienabschlüsse zu ermöglichen. Die Unis brauchen dazu unter anderem mehr Planungssicherheit. Wenn sich zu einer Prüfung 500 Studenten anmelden, dann aber nur 60 Prozent kommen, ist das eine Verschwendung von Ressourcen. Umgekehrt sollen Studenten nicht unbedingt nebenbei arbeiten müssen, denn das zieht das Studium in die Länge. Da gilt es neue Modelle zu entwickeln, wie Studierende ihr Studium finanzieren können.
SN: Studiengebühren sind fast völlig aus der politischen Debatte verschwunden. Finden Sie das gut?
Ja, ich bin froh darüber. In der uniko gibt es dazu keine einheitliche Position. Und auch Bildungsminister Heinz Faßmann hat gesagt, das sei nicht sein vorrangiges Thema.
SN: Warum sind Sie gegen Studiengebühren?
Weil es nichts bringt. Entweder man macht Studiengebühren wie in England von 5000 Euro pro Semester. Dann braucht es aber ein gewaltiges Stipendiensystem, um das auszugleichen, und das ist dann ein Nullsummenspiel. Oder man macht 370 Euro Studiengebühren, wie wir es ja schon hatten. Aber das verbessert die Finanzen der Universitäten nur geringfügig. Das macht dann vielleicht zwei oder drei Prozent des Budgets einer Uni aus, erfordert aber eine enorme Bürokratie.
SN: Sie wirken nicht unzufrieden mit der Regierung, was etwas überraschend ist.
Mit Minister Faßmann gibt es ein gutes Einvernehmen. Wir Rektorinnen und Rektoren kennen ihn ja aus seiner Zeit als Vizerektor der Universität Wien, und er bemüht sich wirklich. Aber mit der Bundesregierung insgesamt bin ich nicht zufrieden.
SN: Und zwar womit nicht?
Ärgerlich ist das neue Fremdenrechtsänderungsgesetz, das für Studierende aus Drittstaaten neue Hürden errichtet. Wo bleibt da die Internationalisierung? In diesem Zusammenhang ist es mir auch ein Anliegen, dass Asylbewerberinnen und -bewerber, die in Österreich studieren, bis zum Ende des Studiums bleiben können und nicht abgeschoben werden. Also ein ähnliches Modell, wie es auch für Lehrlinge für die Zeit der Ausbildung gefordert wird.
SN: Die heimischen Unis schneiden in internationalen Hochschulrankings meist nur mittelmäßig ab. Stört Sie das?
Ich frage mich, wozu diese Rankings gemacht werden. Man kann doch nicht die Universität Harvard, wo ein Professor sieben Studierende betreut, mit einer heimischen Universität vergleichen, wo auf einen Professor in manchen Studienrichtungen bis zu 270 Studierende kommen. Das eine ist – und den Begriff verwende ich ganz bewusst – eine Auslese-Uni, das andere ein System mit offenem Hochschulzugang.
Das ganze System des Zählens ist absurd. Ich kann ja auch nicht die Qualität eines Museums an der Zahl der Besucherinnen und Besucher ablesen. Sonst wäre ja Disneyland das Qualitätsvollste, was es gibt.
SN: Apropos Museum: Sie haben den Beirat des „Hauses der Geschichte“in Wien verlassen. Warum?
Der Hauptgrund, warum mein Kollege Gerhard Baumgartner vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und ich diesen Schritt gesetzt haben, war, dass es uns nicht gelungen ist, herauszufinden, was diese Ausstellung erzählen soll. Die entscheidende Frage lautet doch: Was weiß der Besucher mehr, wenn er aus der Ausstellung über „100 Jahre Republik“hinausgeht? Wobei „100 Jahre Republik“schon problematisch ist. Denn in Wahrheit sind es nicht 100 Jahre Republik, da gab es ja etwas dazwischen.
SN: Sind Sie als Historikerin mit dem Ablauf des Jubiläumsjahr 2018 insgesamt zufrieden?
Nein. Es gibt gute Einzelprojekte, aber insgesamt passiert viel zu wenig. Das Problem fängt schon damit an, dass Altbundespräsident Heinz Fischer alle Projekte mit einem großkoalitionären Beirat begutachtet. Das ist doch unwürdig! Ich hätte mir gewünscht, dass die Republik einige Kuratorinnen und Kuratoren beauftragt und die machen das. Aber das birgt natürlich ein Risiko und dazu fehlte allen Beteiligten der Mut. Für künftige Jubiläen würde ich mir mehr Mut wünschen.
„Wozu werden diese Rankings gemacht?.“Eva Blimlinger, uniko-Vorsitzende