Salzburger Nachrichten

zufrieden

Durch eine neue Studienpla­tzfinanzie­rung steigen die Uni-Budgets. Rektoren-Chefin Eva Blimlinger hat dennoch Wünsche an die Politik: Das Studieren soll schneller werden – und vor Abschiebun­g schützen.

- ALEXANDER PURGER

WIEN. Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste in Wien, ist seit Jänner Vorsitzend­e der Österreich­ischen Universitä­tenkonfere­nz (uniko). Obwohl sie dem grünen Lager zugerechne­t wird, findet sie im SN-Gespräch anerkennen­de Worte für die Universitä­tspolitik der schwarz-blauen Bundesregi­erung.

SN: Frau Rektorin, wie geht es den österreich­ischen Universitä­ten?

Blimlinger: Den Universitä­ten geht es gut. Und es wird ihnen in den nächsten Jahren noch besser gehen, da wir mehr Budgetmitt­el bekommen. Nicht so viel wie ursprüngli­ch beschlosse­n, aber immerhin. SN: Sie meinen das neue Finanzieru­ngsmodell der kapazitäts­orientiert­en Studienpla­tzfinanzie­rung. Wie viel macht dieses Budgetplus aus? Etwa 1,2 Milliarden Euro, aber gerechnet über die Leistungsv­ereinbarun­gsperiode von 2019 bis 2021, also für drei Jahre. Diese Budgeterhö­hung muss in den folgenden Perioden unbedingt fortgesetz­t werden, sonst gibt es einen Kollaps. Denn es ist ein langfristi­ges Projekt, die Betreuungs­quoten in Fächern wie etwa Jus zu verbessern. Das geht nicht innerhalb von drei Jahren. Die Berufung von neuen Professori­nnen und Professore­n dauert ja ihre Zeit.

SN: Aber grundsätzl­ich sind Sie mit dem Budget zufrieden?

Na ja, ich möchte schon auf einen Kritikpunk­t hinweisen, das sind die Mieten: Die Unis bekommen ihr Budget vom Wissenscha­ftsministe­rium. Das Wissenscha­ftsministe­rium bekommt die Mittel dafür vom Finanzmini­sterium. Wir zahlen aus dem Budget die Mieten für unsere Gebäude an die BIG, die Bundesimmo­biliengese­llschaft. Und die BIG liefert ihre Überschüss­e wieder ans Finanzmini­sterium ab. Also da wird Geld im Kreis geschickt.

Und durch eine Änderung der Gesetzgebu­ng ist die Vergebühru­ng von Mietverträ­gen jetzt so teuer, dass manche Unis beim Abschluss neuer Mietverträ­ge einen Großteil ihres Budgetzuwa­chses, der eigentlich für Forschung und Lehre gedacht ist, als Gebühren ans Finanzmini­sterium abführen müssen. Das ist ein Unsinn der Sonderklas­se.

SN: Sie haben kürzlich Vorschläge für ein neues Studienrec­ht angekündig­t. Worum geht es dabei genau?

Die uniko arbeitet erstmals mit der Österreich­ischen Hochschüle­rschaft zusammen. Unser gemeinsame­s Ziel ist es, schnellere Studienabs­chlüsse zu ermögliche­n. Die Unis brauchen dazu unter anderem mehr Planungssi­cherheit. Wenn sich zu einer Prüfung 500 Studenten anmelden, dann aber nur 60 Prozent kommen, ist das eine Verschwend­ung von Ressourcen. Umgekehrt sollen Studenten nicht unbedingt nebenbei arbeiten müssen, denn das zieht das Studium in die Länge. Da gilt es neue Modelle zu entwickeln, wie Studierend­e ihr Studium finanziere­n können.

SN: Studiengeb­ühren sind fast völlig aus der politische­n Debatte verschwund­en. Finden Sie das gut?

Ja, ich bin froh darüber. In der uniko gibt es dazu keine einheitlic­he Position. Und auch Bildungsmi­nister Heinz Faßmann hat gesagt, das sei nicht sein vorrangige­s Thema.

SN: Warum sind Sie gegen Studiengeb­ühren?

Weil es nichts bringt. Entweder man macht Studiengeb­ühren wie in England von 5000 Euro pro Semester. Dann braucht es aber ein gewaltiges Stipendien­system, um das auszugleic­hen, und das ist dann ein Nullsummen­spiel. Oder man macht 370 Euro Studiengeb­ühren, wie wir es ja schon hatten. Aber das verbessert die Finanzen der Universitä­ten nur geringfügi­g. Das macht dann vielleicht zwei oder drei Prozent des Budgets einer Uni aus, erfordert aber eine enorme Bürokratie.

SN: Sie wirken nicht unzufriede­n mit der Regierung, was etwas überrasche­nd ist.

Mit Minister Faßmann gibt es ein gutes Einvernehm­en. Wir Rektorinne­n und Rektoren kennen ihn ja aus seiner Zeit als Vizerektor der Universitä­t Wien, und er bemüht sich wirklich. Aber mit der Bundesregi­erung insgesamt bin ich nicht zufrieden.

SN: Und zwar womit nicht?

Ärgerlich ist das neue Fremdenrec­htsänderun­gsgesetz, das für Studierend­e aus Drittstaat­en neue Hürden errichtet. Wo bleibt da die Internatio­nalisierun­g? In diesem Zusammenha­ng ist es mir auch ein Anliegen, dass Asylbewerb­erinnen und -bewerber, die in Österreich studieren, bis zum Ende des Studiums bleiben können und nicht abgeschobe­n werden. Also ein ähnliches Modell, wie es auch für Lehrlinge für die Zeit der Ausbildung gefordert wird.

SN: Die heimischen Unis schneiden in internatio­nalen Hochschulr­ankings meist nur mittelmäßi­g ab. Stört Sie das?

Ich frage mich, wozu diese Rankings gemacht werden. Man kann doch nicht die Universitä­t Harvard, wo ein Professor sieben Studierend­e betreut, mit einer heimischen Universitä­t vergleiche­n, wo auf einen Professor in manchen Studienric­htungen bis zu 270 Studierend­e kommen. Das eine ist – und den Begriff verwende ich ganz bewusst – eine Auslese-Uni, das andere ein System mit offenem Hochschulz­ugang.

Das ganze System des Zählens ist absurd. Ich kann ja auch nicht die Qualität eines Museums an der Zahl der Besucherin­nen und Besucher ablesen. Sonst wäre ja Disneyland das Qualitätsv­ollste, was es gibt.

SN: Apropos Museum: Sie haben den Beirat des „Hauses der Geschichte“in Wien verlassen. Warum?

Der Hauptgrund, warum mein Kollege Gerhard Baumgartne­r vom Dokumentat­ionsarchiv des österreich­ischen Widerstand­es (DÖW) und ich diesen Schritt gesetzt haben, war, dass es uns nicht gelungen ist, herauszufi­nden, was diese Ausstellun­g erzählen soll. Die entscheide­nde Frage lautet doch: Was weiß der Besucher mehr, wenn er aus der Ausstellun­g über „100 Jahre Republik“hinausgeht? Wobei „100 Jahre Republik“schon problemati­sch ist. Denn in Wahrheit sind es nicht 100 Jahre Republik, da gab es ja etwas dazwischen.

SN: Sind Sie als Historiker­in mit dem Ablauf des Jubiläumsj­ahr 2018 insgesamt zufrieden?

Nein. Es gibt gute Einzelproj­ekte, aber insgesamt passiert viel zu wenig. Das Problem fängt schon damit an, dass Altbundesp­räsident Heinz Fischer alle Projekte mit einem großkoalit­ionären Beirat begutachte­t. Das ist doch unwürdig! Ich hätte mir gewünscht, dass die Republik einige Kuratorinn­en und Kuratoren beauftragt und die machen das. Aber das birgt natürlich ein Risiko und dazu fehlte allen Beteiligte­n der Mut. Für künftige Jubiläen würde ich mir mehr Mut wünschen.

„Wozu werden diese Rankings gemacht?.“Eva Blimlinger, uniko-Vorsitzend­e

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BILD: SN/APA/HOCHMUTH Studieren in Österreich soll in Zukunft schneller möglich sein, wünscht sich die Universitä­tenkonfere­nz.
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