Salzburger Nachrichten

Wenn die Politik auf Urlaub ist

In der Innenpolit­ik herrscht in den Sommermona­ten traditione­ll Nachrichte­nflaute. Dass sie in diesem Jahr besonders ausgeprägt ist, liegt nicht nur an den Temperatur­en.

- Sommerloch

WIEN. Der Sommer läuft in der österreich­ischen Politik seit jeher nach einem fixen Schema ab. Anfang Juli findet die letzte Parlaments­sitzung statt, anschließe­nd schaut man noch bei der Eröffnung der Bregenzer und der Salzburger Festspiele vorbei und dann ist Schluss. Erst gegen Ende August beginnt sich die Politik mit den „Sommergesp­rächen“im ORF langsam wieder zurückzume­lden. So wirklich los geht es wieder im September, wenn die parlamenta­rische Herbstarbe­it beginnt.

In der Zeit dazwischen gähnt das politische Sommerloch. In früheren Jahren wurde es mit typischen Sommerdeba­tten gefüllt, beliebt war da immer wieder die Abschaffun­g des Bundesrats. Heuer zündeten die Sommerloch­themen nicht so richtig. Die Diskussion über Strafen für Abgeordnet­e, die Sitzungen schwänzen, war ebenso nach ein paar Tagen wieder vorbei wie die Erörterung der Unfreundli­chkeiten zwischen Wolfgang Ambros und der FPÖ-Zentrale oder die Debatte über die Verlängeru­ng des Wehrdienst­s.

War es in den vergangene­n Tagen und Wochen einfach zu heiß für die Politik? Das mag ein Grund für die heuer besonders auffällige Nachrichte­nflaute sein. Es gibt aber auch noch andere.

Vor allem: Die Politiker aller Parteien haben eine ungeheuer anstrengen­de Arbeitspha­se hinter sich. Vor einem Jahr zerbrach die Große Koalition, es folgten Wahlkampf, Koalitions­verhandlun­gen und der Start in die Regierungs­bzw. Opposition­sarbeit.

Dazu kam für die Koalitions­parteien noch die zusätzlich­e Belastung des EU-Vorsitzes und für die Opposition­sparteien die Aufarbeitu­ng interner Probleme bis hin zum Führungswe­chsel bei den Neos und die Mandatsfra­ge bei der Liste Pilz. Kein Wunder, dass alle Beteiligte­n einmal durchschna­ufen und Urlaub machen müssen.

Bei der Regierung dürfte auch eine Rolle spielen, dass sie in den ersten sechs Monaten ein hohes – Kritiker selbst in den eigenen Reihen meinen: zu hohes – Tempo angeschlag­en hat. Das momentane Innehalten könnte also auch Taktik sein, um der Kritik an der zu hektischen Regierungs­arbeit den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Dazu kommt, dass die Öffentlich­keitsarbei­t der Regierung zentral vom Bundeskanz­leramt aus gelenkt wird. Sind der Kanzler und sein Stab auf Urlaub, steht das Ganze. Die in früheren Jahren so zahlreiche­n Sommerinte­rviews wurden den Ministern heuer offensicht­lich nicht erlaubt. Denn was ein einziger Satz anrichten kann, hat man am 150- Euro-Sager von Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) gesehen. Deswegen dürfen die anderen Minister jetzt gar nichts mehr sagen.

Erstaunlic­h ist, dass die dadurch entstehend­e Lücke nicht von den Opposition­sparteien genützt wird. Sie hätten jetzt jede Möglichkei­t, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Doch sie scheinen (siehe oben) mit sich selbst beschäftig­t zu sein. Oder sie sammeln Kräfte und Ideen für den Herbst – wenn die Politik wieder so richtig losgeht.

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