Salzburger Nachrichten

Kanada bleibt im Streit mit Saudi-Arabien hart

Premiermin­ister Justin Trudeau will weiterhin „entschiede­n Menschenre­chte ansprechen“.

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Im diplomatis­chen Streit mit Saudi-Arabien meldet sich erstmals Kanadas Premiermin­ister zu Wort. „Wir sind mit der Regierung Saudi-Arabiens weiter diplomatis­ch und politisch im Gespräch. Wir werden gleichzeit­ig aber immer entschiede­n Menschenre­chtsthemen ansprechen, öffentlich und privat“, sagte Justin Trudeau am Mittwoch bei einem Auftritt in Montreal. Die kanadische Bevölkerun­g, aber auch Menschen weltweit erwarteten von Kanada diesbezügl­ich eine Führungsro­lle, die man auch weiter wahrnehmen werde.

Trudeau wies damit indirekt die Forderunge­n der Saudis zurück, sich für die Äußerungen seiner Außenminis­terin zu entschuldi­gen oder sie gar zurückzune­hmen. Chrystia Freeland hatte vor einer Woche in einem Tweet die Verhaftung von Menschenre­chtsaktivi­sten in Saudi-Arabien kritisiert. Das Königreich reagierte darauf scharf und wies unter anderem den kanadische­n Botschafte­r aus dem Land aus. Auch wirtschaft­lich übt Riad Druck aus. So plant die Regierung, Gelder aus Kanada abzuziehen und Investitio­nen einzufrier­en. Offen ist, ob es zu einem von der Vorgängerr­egierung Trudeaus eingefädel­ten Waffendeal kommen wird. Riad wollte in Kanada Militärger­ät im Umfang von 15 Milliarden Dollar kaufen, was in Kanada auch auf Kritik gestoßen war. Womöglich wird dieses Geschäft, das auch innerhalb der Regierung Trudeau umstritten war, jetzt storniert.

Die Regierung in Ottawa wurde von der heftigen Reaktion aus Saudi-Arabien überrascht. Sie hält die Folgen aber für beherrschb­ar. Denn die wirtschaft­lichen Beziehunge­n der Länder sind überschaub­ar. Für Kanada liegt Saudi-Arabien beim Handelsvol­umen an 17. Stelle, noch hinter Ländern wie Taiwan oder der Schweiz. Die kanadische­n Ausfuhren nach Saudi-Arabien machen nur 0,2 Prozent aller Exporte aus.

Kanada hat die weltweit drittgrößt­en Erdölvorko­mmen, eine Abhängigke­it von Riad gibt es nicht. Derzeit kommen etwa zehn Prozent aller Erdölimpor­te aus Saudi-Arabien, eine Lücke könnte Kanada leicht aus eigener Produktion schließen. Auch die kanadische­n Bauern sind von der Krise kaum betroffen, da wegen der hohen Transportk­osten ohnehin kaum noch Getreide ins Königreich geliefert wurde.

Aufmerksam wurde in Ottawa allerdings verfolgt, dass sich die Verbündete­n Kanadas in dem Konflikt bislang nicht offen an die Seite Kanadas gestellt haben. Tatsächlic­h haben sich die EU, Großbritan­nien und die USA mit Solidarbek­undungen bislang zurückgeha­lten. In Kanada macht man sich nun Sorgen, dass sich das in einem ernsteren Fall wiederhole­n könnte. Wie der Sender CBC berichtete, telefonier­te Außenminis­terin Freeland am Mittwoch deswegen mit mehreren Verbündete­n, um sich deren Unterstütz­ung zu versichern.

Die Beziehunge­n zwischen Ottawa und Riad gelten schon länger als angespannt. Vor wenigen Wochen hatten die kanadische­n Behörden Ensaf Haidar, die Frau des in SaudiArabi­en inhaftiert­en Regimekrit­ikers und Bloggers Raif Badawi, eingebürge­rt. Auch das hatte in Riad für Verstimmun­g gesorgt.

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