„Salzburg war ein heißer Boden“
Als der Nationalsozialismus bedrohlich wurde, erlebten die Salzburger Festspiele einen heute noch spürbaren Wandel.
Die Salzburger Festspiele seien bis 1934 nicht international, sondern österreichisch-süddeutsch gewesen, sagte der Historiker Robert Kriechbaumer am Donnerstag im zweiten Teil des Festspiel-Symposiums. Bis dahin seien viele Künstler aus Wien und München gekommen, das Publikum sei zu 80 Prozent deutsch gewesen. Die 1000-Mark-Sperre, mit der Adolf Hitler ab Mai 1933 Österreich zu schwächen trachtete, brachte einen Wandel. Da auch die Salzburger Festspiele in Existenznot kamen, wurden sie erstmals im Ministerrat erörtert. Der habe im Herbst 1933 beschlossen: „Die Salzburger Festspiele finden statt, koste es, was es wolle“, berichtete Kriechbaumer. Zwei Effekte sollten sich 1950 im Festspielfondsgesetz niederschlagen: 1934 übernahm der Bund erstmals die Ausfallshaftung. Und ab 1933 gewährte der Bund – neben Land, Stadt und Tourismusfonds – den größten Subventionsanteil.
So wurde in Zahlen gegossen, was Robert Kriechbaumer für 1933 bis 1938 konstatiert: „Die Salzburger Festspiele wurden ein nationales Prestigeprojekt.“Folglich seien sie auch Zielscheibe des nationalsozialistischen Terrors geworden: Im Mai 1934 habe es ein Bombenattentat auf das Festspielhaus gegeben, deutsche Flieger hätten über Salzburg Flugzettel abgeworfen, die vor einer Teilnahme an den Salzburger Festspielen gewarnt hätten.
Dass „Salzburg ein heißer Boden“gewesen sei, zeigte sich auch künstlerisch: Nach seiner Absage in Bayreuth habe Arturo Toscanini die Einladung nach Salzburg angenommen. Er habe hier mit „Falstaff“erstmals Verdi dirigiert, und mit Wagners „Meistersinger“sogar Hitlers Liebslingsoper aufgeführt. „Er machte Salzburg zum Gegen-Bayreuth.“Und Toscanini zog internationales Publikum an.
Der Schriftsteller Daniel Kehlmann ermunterte zum Lesen von Franz Werfels Roman „Der veruntreute Himmel“sowie dessen Erzählung „Eine blassblaue Frauenschrift“und stellte fest: Werfels Bedeutung „als Chronist eines Österreich in den Jahren, als es dunkel wurde“, also zwischen 1933 und 1938, werde unterschätzt. Der Politikwissenschafter Anton Pelinka hob in seinem Vortrag über die Verantwortung für das Scheitern der Ersten Republik zwei vorbildliche, damals kaum verstandene Persönlichkeiten hervor: Die Schriftstellerin Irene Harand, eine „einsame Stimme im österreichischen Katholizismus“, habe früh darauf hingewiesen, dass der Antisemitismus als Wesenselement des Nationalsozialismus im Christentum wurzle. Karl Kraus, der intellektuellen politischen Linken zuzurechnen, sei als Verräter gebrandmarkt worden, weil er den Ständestaat von Engelbert Dollfuß als „das kleinere Übel“als Hitlers Deutsches Reich bezeichnet habe. Im dritten Teil des Festspiel-Symposiums wird nächste Woche die NS-Zeit beleuchtet.