Salzburger Nachrichten

2956 Lokale freiwillig rauchfrei

Die Pro- und Kontraposi­tionen um den mittlerwei­le wieder erlaubten Griff zur Zigarette in Gastronomi­ebetrieben sind verhärtet. Ein „Rauchfrei-Pionier“appelliert an die Vernunft.

- ANDREAS TRÖSCHER

Das von der türkis-blauen Regierung gekippte totale Rauchverbo­t in Lokalen hat Österreich gespalten. Besonders deutlich wurde dies mit dem Volksbegeh­ren „Don’t smoke“, das 591.146 Bürger unterzeich­neten. Die Gesetzesno­velle trat dennoch in Kraft. Unabhängig davon entschließ­en sich seither immer mehr Wirte, ihre Gaststuben rauchfrei zu halten. Auf freiwillig­er Basis. Allein im vergangene­n halben Jahr kamen 1000 Gastronomi­ebetriebe dazu. Aktueller Stand: 2956. Zum Vergleich: Laut Wirtschaft­skammer gab es per 31. Dezember 2017 hierzuland­e 41.650 Betriebe, die Mitglieder des Fachverban­ds Gastronomi­e waren.

Die Liste der freiwillig rauchfreie­n Lokale wird von der Internetse­ite http://da.stinkts.net verwaltet. „Wir haben ein Formular, wo sich Lokale eintragen können oder Gäste eines vorschlage­n können“, sagt Bernhard Schenkenfe­lder. Gemeinsam mit drei Studienkol­legen hat der IT-Experte bereits 2009 die Website ins Netz gepflanzt.

Kontrollsy­stem gibt es keines, brauche es aber auch gar nicht. „Wenn etwa ein Lokal nicht mehr rauchfrei ist, weil es zum Beispiel den Besitzer gewechselt hat, dann wird das schnell bekannt.“Was auch vorkommt: dass ein Tourismusv­erband oder eine Gemeinde eine Liste von Lokalen schickt, die sich freiwillig rauchfrei erklären.

Was Bernhard Schenkenfe­lder abseits von offizielle­n Verboten oder Erlaubniss­en feststellt, ist, dass sich – wenn auch langsam – etwas bewegt in den Köpfen der Menschen. Das Bewusstsei­n habe sich quasi ganz von selbst geschärft. Dass man vor nicht allzu langer Zeit in Zügen oder gar in Flugzeugen qualmen durfte, sei heute kaum noch vorstellba­r.

Einer, der sein Lokal zur rauchfreie­n Zone ernannt hatte, lange bevor dies zur öffentlich­en Debatte wurde, ist Herwig Walch. Der gebürtige Oberösterr­eicher hat Glimmstäng­el und blauen Dunst bereits 2003 aus seinem „Café der Provinz“in der Wiener Josefstadt verbannt. „Es ist eine Katastroph­e, dass Rauchen mittlerwei­le fast zum politische­n Statement geworden ist.“Walch sah in Ländern wie Italien, Irland und Frankreich, wie der Rauch aus den Lokalen verschwand – und wollte das auch daheim haben. „Als meine kleine Tochter eines Abends zu mir sagte: ,Papa, du stinkst so!‘, da war es für mich klar.“

Für eine Zigaretten­länge vor die Lokaltür zu gehen, ist für Walch auch ein Kommunikat­ionsmittel. „Leute von unterschie­dlichen Tischen gehen raus, rauchen, kommen ins Gespräch – und setzen sich nachher an einen Tisch.“

Anfangs habe es auch Widerstand gegeben. „Es gab teilweise Situatione­n, wo Leute wieder gegangen sind, obwohl sie schon bestellt hatten, weil sie im Lokal nicht rauchen durften“, erinnert sich Walch. Dass die Fronten derzeit so verhärtet sind, erachtet er als „Trauerspie­l“. Klar sei aber auch: „Viele Touristen greifen sich nur noch an den Kopf, wenn sie zu uns auf Urlaub kommen.“

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BILD: SN/THOMAS REIMER - STOCK.ADOBE.COM Rauchfrei sein aus freien Stücken wollen in Österreich immer mehr Lokale.

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