2956 Lokale freiwillig rauchfrei
Die Pro- und Kontrapositionen um den mittlerweile wieder erlaubten Griff zur Zigarette in Gastronomiebetrieben sind verhärtet. Ein „Rauchfrei-Pionier“appelliert an die Vernunft.
Das von der türkis-blauen Regierung gekippte totale Rauchverbot in Lokalen hat Österreich gespalten. Besonders deutlich wurde dies mit dem Volksbegehren „Don’t smoke“, das 591.146 Bürger unterzeichneten. Die Gesetzesnovelle trat dennoch in Kraft. Unabhängig davon entschließen sich seither immer mehr Wirte, ihre Gaststuben rauchfrei zu halten. Auf freiwilliger Basis. Allein im vergangenen halben Jahr kamen 1000 Gastronomiebetriebe dazu. Aktueller Stand: 2956. Zum Vergleich: Laut Wirtschaftskammer gab es per 31. Dezember 2017 hierzulande 41.650 Betriebe, die Mitglieder des Fachverbands Gastronomie waren.
Die Liste der freiwillig rauchfreien Lokale wird von der Internetseite http://da.stinkts.net verwaltet. „Wir haben ein Formular, wo sich Lokale eintragen können oder Gäste eines vorschlagen können“, sagt Bernhard Schenkenfelder. Gemeinsam mit drei Studienkollegen hat der IT-Experte bereits 2009 die Website ins Netz gepflanzt.
Kontrollsystem gibt es keines, brauche es aber auch gar nicht. „Wenn etwa ein Lokal nicht mehr rauchfrei ist, weil es zum Beispiel den Besitzer gewechselt hat, dann wird das schnell bekannt.“Was auch vorkommt: dass ein Tourismusverband oder eine Gemeinde eine Liste von Lokalen schickt, die sich freiwillig rauchfrei erklären.
Was Bernhard Schenkenfelder abseits von offiziellen Verboten oder Erlaubnissen feststellt, ist, dass sich – wenn auch langsam – etwas bewegt in den Köpfen der Menschen. Das Bewusstsein habe sich quasi ganz von selbst geschärft. Dass man vor nicht allzu langer Zeit in Zügen oder gar in Flugzeugen qualmen durfte, sei heute kaum noch vorstellbar.
Einer, der sein Lokal zur rauchfreien Zone ernannt hatte, lange bevor dies zur öffentlichen Debatte wurde, ist Herwig Walch. Der gebürtige Oberösterreicher hat Glimmstängel und blauen Dunst bereits 2003 aus seinem „Café der Provinz“in der Wiener Josefstadt verbannt. „Es ist eine Katastrophe, dass Rauchen mittlerweile fast zum politischen Statement geworden ist.“Walch sah in Ländern wie Italien, Irland und Frankreich, wie der Rauch aus den Lokalen verschwand – und wollte das auch daheim haben. „Als meine kleine Tochter eines Abends zu mir sagte: ,Papa, du stinkst so!‘, da war es für mich klar.“
Für eine Zigarettenlänge vor die Lokaltür zu gehen, ist für Walch auch ein Kommunikationsmittel. „Leute von unterschiedlichen Tischen gehen raus, rauchen, kommen ins Gespräch – und setzen sich nachher an einen Tisch.“
Anfangs habe es auch Widerstand gegeben. „Es gab teilweise Situationen, wo Leute wieder gegangen sind, obwohl sie schon bestellt hatten, weil sie im Lokal nicht rauchen durften“, erinnert sich Walch. Dass die Fronten derzeit so verhärtet sind, erachtet er als „Trauerspiel“. Klar sei aber auch: „Viele Touristen greifen sich nur noch an den Kopf, wenn sie zu uns auf Urlaub kommen.“