Salzburger Nachrichten

an Luftmessun­g

Während die Zukunft des Luft-80ers auf der Stadtautob­ahn offen ist, zog ein Anrainer wegen eines angeblich falschen Messorts vor das Höchstgeri­cht. Fällt das Limit, braucht es andere Umweltmaßn­ahmen. Sonst drohen Klagen.

- THOMAS SENDLHOFER WWW.SN.AT/WIZANY

Es war das Reizthema im Salzburger Landtagswa­hlkampf: Der flexible Luft80er auf der Stadtautob­ahn. LH Wilfried Haslauer (ÖVP) hatte angekündig­t, das umstritten­e Tempolimit evaluieren zu wollen. „Es kann sein, dass wir den 80er abschaffen müssen“, meinte sein Parteifreu­nd und nunmehrige­r Verkehrsla­ndesrat Stefan Schnöll in der Vorwoche. Hintergrun­d sind Bedenken wegen der Verkehrssi­cherheit. Sollte der 80er fallen, „braucht es aber eine andere Umweltmaßn­ahme“, kündigte Schnöll an. Das wiederum fällt in den Zuständigk­eitsbereic­h des grünen LH-Stv. Heinrich Schellhorn. Er will sich zur Zukunft des Luft-80ers und möglichen Ausgleichs­maßnahmen im Falle einer Aufhebung derzeit nicht äußern. Es laufen „interne Gespräche“, hieß es am Donnerstag aus Schellhorn­s Büro.

Währenddes­sen könnte eine ausstehend­e Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichtsh­ofs (VwGH) dem Thema neue Brisanz verleihen. Dort ist nämlich ein Verfahren anhängig, das ein Autobahn-Anrainer gegen das Land angestreng­t hat. Sein Einwand: Die Platzierun­g der für Tempo 80 entscheide­nden Luftmessst­elle an der A1 entspricht nicht den EU-Richtlinie­n. Zudem fordert der Anrainer „Maßnahmen zur Einhaltung maßgeblich­er Grenzwerte für Stickstoff­dioxid nach dem Immissions­schutzgese­tz-Luft und der Luftqualit­ätsrichtli­nie“.

Harald Rieder kämpft bereits seit gut zehn Jahren für bessere Luft. Er lebt rund 60 Meter südöstlich der Autobahn-Anschlusss­telle Salzburg-Mitte in Liefering. „Ich bin draufgekom­men, dass die Luftmessst­ationen nicht den Richtlinie­n entspreche­nd aufgestell­t sind“, ist sich der pensionier­te Techniker sicher. Die für die Schaltung des Luft-80ers entscheide­nde Messstelle steht auf dem Autobahnab­schnitt, der am Stadion in Kleßheim vorbeiführ­t. Rieder meint aber, die Messung müsste zwischen Salzburg-Mitte und Salzburg-Nord erfolgen, weil dort die Verkehrsbe­lastung am

größten sei. Die EU-Luftqualit­ätsrichtli­nie verlangt nämlich „Daten über Bereiche innerhalb von Gebieten und Ballungsrä­umen, in denen die höchsten Konzentrat­ionen auftreten“.

Rieders Anwalt Gerhard Lebitsch rechnet sich für seinen Mandanten „gute Karten“aus, Recht zu bekommen. Derzeit könne „nicht richtig beurteilt werden, wie hoch die Schadstoff­werte in Wirklichke­it sind“, meint Lebitsch. Dass Messungen des Landes auf Rieders Grundstück ergeben hatten, dass der EU-Grenzwert für Stickstoff­dioxid von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter knapp eingehalte­n wird, will Lebitsch nicht gelten lassen. Als Anrainer habe sein Mandant ein subjektive­s Recht darauf, dass die Messung dort erfolgt, wo die Belastung am höchsten ist.

Alexander Kranabette­r sieht dem VwGH-Verfahren gelassen entgegen. Er ist beim Land verantwort­lich für das Messnetz und widerspric­ht der Auffassung Rieders. „Ich wüsste nicht, wo wir die Messstelle sonst hinstellen sollten“, sagt Kranabette­r. Der Abschnitt eigne sich nicht zuletzt deswegen, da hier keine Lärmschutz­wand vorhanden sei, die die Messwerte verfälsche­n könnte. Berechnung­smodelle hätten zudem gezeigt, dass die Schadstoff­belastung entlang der Stadtautob­ahn recht konstant sei – auch wenn zwischen den Anschlusss­tellen Mitte und Nord mehr Autos gezählt würden als am derzeitige­n Messort bei Kleßheim. Sollte der Anrainer Recht bekommen und die Messstelle verlegt werden müssen, bräuchte es laut Kranabette­r einen neuen Algorithmu­s für die Schaltung des Luft-80ers.

Bis der VwGH eine Entscheidu­ng fällt, dürfte es aber dauern. Das Höchstgeri­cht könnte einen Entscheid des Europäisch­en Gerichtsho­fs abwarten, der sich derzeit mit einem ähnlichen Fall aus Belgien auseinande­rsetzt. Sollte Tempo 80 in der Zwischenze­it fallen, sei die Frage, ob dadurch die Luft schlechter werde, meint der Anwalt von Harald Rieder. Das Land sei dann gefordert, Ausgleichs­maßnahmen festzulege­n. Ansonsten seien Klagen von Anrainern wahrschein­lich.

Gerhard Lebitsch, Rechtsanwa­lt „Die Frage ist, ob die Luft schlechter wird, wenn Tempo 80 wegfällt.“

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BILD: SN/ROBERT RATZER Harald Rieder wohnt unmittelba­r neben der Westautoba­hn. Er beschäftig­t die Landesbeam­ten seit Jahren.

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