Salzburger Nachrichten

SPÖ ringt um Linie in der Migrations­frage

Heftige Kontrovers­e nach Doskozils Kritik an den Aussagen von Parteichef Kern.

- SN, APA

Nur wenige Tage nach dem Beschluss des neuen Parteiprog­ramms ist in der SPÖ ein offener Konflikt über den Kurs der Partei ausgebroch­en. Auslöser war die Ankündigun­g von Parteichef Christian Kern, die SPÖ werde künftig eine tolerante, weltoffene Politik betreiben und sich vor allem um den Klimaschut­z kümmern.

Der designiert­e burgenländ­ische SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil wies dies als „grün-linke Fundi-Politik“zurück und forderte stattdesse­n eine klare Linie in der Migrations­politik. Ansonsten, warnte Doskozil, schaffe sich die SPÖ selbst ab.

Mit diesen beiden Stellungna­hmen war das Feld für eine Kontrovers­e abgesteckt, an der sich am Freitag nahezu alle Landespart­eien der SPÖ beteiligte­n – in unterschie­dlicher Schärfe.

Als vehementes­te Verteidige­rin Kerns trat Oberösterr­eichs SPÖChefin Birgit Gerstorfer auf, die sinngemäß meinte, dass Doskozil nicht ganz richtig im Kopf sei: „Wir hatten gestern, als Herr Doskozil das gesagt hat, mit 37 Grad den Höhepunkt der Hitzewelle“, stellte Gerstorfer fest. Und: „Die paar Zwischenru­fe aus dem Burgenland gehen im Neusiedler See unter.“

Auch die meisten anderen Landespart­eien wandten sich gegen Doskozil, verwiesen auf die notwendige inhaltlich­e Breite der Partei und wiesen darauf hin, dass sich die SPÖ sehr wohl um eine Linie in Sachen Migration bemühe. Schließlic­h sitze Doskozil selbst in einer entspreche­nden Arbeitsgru­ppe, gemeinsam mit dem Kärntner Landeshaup­tmann Peter Kaiser, wurde betont. Kaiser selbst hob die Bedeutung der Klimapolit­ik für die SPÖ hervor. Zu Doskozils umstritten­er Aussage erklärte er, dieser habe das „nicht so gesagt“.

Die einzige Landespart­ei, die nicht zu dem Konflikt Stellung nahm, war die Wiener SPÖ. Lediglich Harald Troch, der Chef der Bezirkspar­tei von Wien-Simmering (einem Arbeiterbe­zirk mit hohem Migrantena­nteil, Anm.), äußerte Verständni­s für Doskozil. „Die SPÖ muss mehrheitsf­ähige Politik machen“, fordert Troch. Dabei werde man um die Themen Flüchtling­e, Migration und Integratio­n nicht herumkomme­n. Denn dies beschäftig­e viele Leute.

SPÖ-Chef Christian Kern verteidigt seine Linie. Manche mögen geneigt sein, dieses Thema als unwichtig abzutun, in Wahrheit sei der Klimawande­l aber zu einer sozialen Schlüsself­rage geworden, sagt Kern. Die Klimakrise sei auch eine entscheide­nde Ursache für Migration. Denn Menschen, deren Lebensgrun­dlagen zerstört würden, halte keine noch so hohe Mauer auf. Ohne Bekämpfung der Klimakrise könne es daher auch keine wirksame Migrations­politik geben, argumentie­rt Kern.

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