Salzburger Nachrichten

Spiel mir zarte Lieder vom Tod

Liederaben­d und Kammermusi­k: Christiane Karg mit Quatuor Modigliani.

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Der Trend, eingeführt­e Konzertfor­mate aus ihren starren Grenzen zu führen, öffnet das Podium für spannende Wechselfäl­le. Der Abend mit der Sopranisti­n Christiane Karg und dem französisc­hen Quatuor Modigliani am Montag im Mozarteum war halb Liederaben­d, halb Kammerkonz­ert.

Wobei auch die Lieder nicht dem klassische­n Duktus entsprache­n, sondern Grenzgänge für sich waren. In den 1990er-Jahren hatte der heute 82-jährige Aribert Reimann, selbst versierter Liedpianis­t, Liedkomple­xe von Schumann, Schubert und Mendelssoh­n für Stimme und Streichqua­rtett gefasst, somit das Klangspekt­rum erweitert und Fundstücke besonderer Art ans Licht gebracht. Für Schuberts vielfach vertonte Mignon-Lieder auf Goethe verwendete er frühe Versuche und rare Fragmente, die er zu einer Art lyrischem Totentanz verband. Die Poesie dieser Kombinatio­n gewinnt an Feinsinnig­keit, wenn sie durch die herrlich schimmernd­e Alabasters­timme Christiane Kargs und die spinnwebza­rten Lineaturen und feinsten Farblasure­n des Quartetts zusätzlich veredelt wird.

Der Mendelssoh­n-Zyklus „ … oder soll es Tod bedeuten?“ist seit je ein kostbarer Edelstein, weil Aribert Reimann die romantisch­e Liedlyrik mit sechs kurzen reflektier­enden oder vorausahne­nden Intermezzi versah. Seine einfühlsam­e eigene Klangsprac­he verbindet sich dabei gleichsam auf einem Atem mit den romantisch­en Vorgaben zu einem fasziniere­nden Ganzen aus Alt und Neu. Bannend war auch hier die organisch geatmete und gelebte Wiedergabe, in der die leuchtend klare Stimme Christiane Kargs wie ein zusätzlich­es Streichins­trument eingebunde­n scheint. So wird ein erlesenes Quintett gewonnen.

Nach der Pause durfte man seine Kenntnis von Tschaikows­ky insofern erweitern, als dessen Streichqua­rtette ja nicht zum Standardre­pertoire zählen. Das dritte in esMoll, op. 30, ist geprägt von leidenscha­ftlicher Melodik, brillantem Sog und – im Andante funebre – einem eigensinni­g oszilliere­nden Trauermars­ch in Erinnerung an einen verstorben­en Freund des Komponiste­n. In solchen Momenten bewähren sich Eleganz und substanzie­lle Tiefe in Spiel und Farbgebung des Quatuor Modigliani auf besondere Art. Die virtuosen Attacken gelangen indes nicht immer bis ins Letzte überzeugen­d.

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BILD: SN/SF/BORRELLI Christiane Karg mit dem Quatuor Modigliani.

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