Der Wolferl, ein Gulasch und die braunen Flecken
Immer heißt’s, die FPÖ sei kunst- und kulturfeindlich. Geh bitte! Wer sonst kümmert sich so persönlich und so ordentlich um ewiges Kulturgut?
Am Freitag auf’d Nacht montierte keiner die Ski auf sein Auto, sondern packte die Badehose ein. Es liegt nämlich kein leiwanda Schnee, sondern Hitze über dem Land. Das Stubaital ist da nicht die richtige Destination. Aber nach Zell am See konnte man sich begeben, weil dort haben’s statt Schnee auch einen See. Und wenn’s Wasser spritzt und wenn die Sunn’ scheint, dann hat man alles Glück in sich vereint. So geht es also nicht zum Skifahren, aber es geht trotzdem um „Schifoan“. Weil freitags lag der Song von Wolfgang Ambros unheimlicherweise an der Spitze der Download-Charts bei iTunes. Mit ein bisserl Engagement kommt der Song auch in die Top-40-Charts. Das wär’s, wenn solch ewiges Kulturgut Jahrzehnte nach seiner Entstehung in die Charts käme. 42 Jahre alt ist der Song, aber unauslöschlich eingebrannt im kollektiven Gedächtnis, angestimmt bei heiligen Skimessen der Nation wie in Kitzbühel, eine mächtige Erinnerung, ein Schatz der Tradition, ein Bekenntnis zur Heimat. Bei so einer Sache mischt auch die FPÖ mit, obwohl es um Kunst und Kultur geht.
Wie geht das? Das geht mit Hasspostings und Widerstand, mit politischem Kalkül und persönlichen Untergriffen. Ach ja, man sollte wissen, was passiert ist: Wolfgang Ambros, Austro-Poplegende, geradliniger Grantler, hatte sich in der „Süddeutschen Zeitung“klar gegen die türkis-blaue Regierung gestellt. Ihm werde „angst und bange“, wenn er daran denke, „was die österreichische Regierung in den nächsten drei Jahren noch so alles anstellen wird“. Er sehe „viele braune Haufen“in der FPÖ, dem Vizekanzler glaube er „kein Wort“und der Bundeskanzler Kurz lasse „skandalöse Aussagen der FPÖ unkommentiert“, schweige, „wenn es unangenehm wird“.
Darauf wurde es für Ambros unangenehm. Die Sturmtruppen der Postingwelt zogen los. Verrat. Heimatbesudelung. Man wünschte ihm den baldigen Tod. Man forderte dazu auf, Ambros-CDs wegzuwerfen. Brennen tun CDs nämlich nicht so gut. Ich bin ohnehin nicht betroffen. Ich habe das Zeug noch auf Vinyl.
Alte Reflexe und das übliche Missverständnis machen sich breit, bei denen die Kritik an einer Regierung gleichgesetzt wird mit Kritik am Land. Damit wollte sich FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker gleich gar nicht aufhalten und wurde persönlich. Er erkenne in Ambros und auch in Rainhard Fendrich, der sich immer wieder ähnlich kritisch äußert, zwei „abgehalfterte Musiker“. „Systemgünstlinge“gar, die „wohl im fortgeschrittenen Alter um ihre Altersvorsorge bangen müssen“. Früher habe der FPÖ-Mann die beiden sogar gern gehört, aber jetzt würden sie ihm „zunehmend unsympathischer“. Hätte er über die letzten Alben geredet, über die Kunst, man hätte diskutieren können. Und man kann, wenn man früher die beiden hörte, beim großen OEuvre der beiden vielleicht auch Songs wie „Tagwache“oder „Alte Helden“überhören, wo eine klare gesellschaftspolitische Grundhaltung for- muliert ist. Viele, die diese Songs hörten, laden derzeit jedenfalls aus Solidarität mit Ambros den Song „Schifoan“herunter, machen ihn noch einmal – nicht aus wedelnder Rot-WeißRot-Verklärung, sondern aus Widerstand gegen die Landnahme durch neue Mächte – zum Hit. So eine Hitmacherei mit altem Kulturgut wird der FPÖ-Partie nur schwer ein zweites Mal gelingen.
Dabei hat der Generalsekretär ja gleich noch einen Klassiker ins Spiel gebracht: „A Gulasch und a Seitl Bier“. Dazu lud er, weil er ja doch arg persönlich geworden war, Ambros ein, um die Sache zu besprechen. Was es zu sagen gibt, sagte Ambros aber der SZ und den Rest ließ er ausrichten: dass er jährlich zirka fünfzig bis achtzig Shows spiele – „zum allergrößten Teil ausverkauft“. Dass er in den letzten 47 Jahren keine einzige staatliche Subvention bezogen habe und außerdem versteuere er „seine Einkünfte in Österreich – und finanziert damit gezwungenermaßen unter anderem Leute wie Sie und Ihresgleichen“.
Vergessen hat der Wolferl nationale, der im Sturm der Postings aufrief, zu diskutieren, und bat: „Seid friedlich“, dass er auf dem Album „Es lebe der Zentralfriedhof“– auf dem auch „A Gulasch und a Seitl Bier“erschien – sogar eine Antwort auf Hassposter und Politikergerede formuliert hatte: „Gsöchta, mit dein Heislschmäh bist bei mir im Oasch daham!“ WWW.SN.AT/FLIEHER