Salzburger Nachrichten

Gleichstel­lung seit 2016 gesetzlich verankert

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ANDREAS TRÖSCHER WIEN. Es war als Pilotproje­kt gedacht, als die Post ihre neuen Briefkäste­n aufstellte. Sie beinhaltet­en ein Depot unterhalb des Kastens. Damit die Briefträge­r auf ihren Runden nicht alles mitschlepp­en müssen. Gute Idee, im Grunde. Was die Post nicht bedacht hatte: Dadurch befand sich der Briefschli­tz plötzlich auf 1,48 Metern Höhe – für viele Rollstuhlf­ahrer unmöglich zu erreichen. Das Behinderte­nberatungs­zentrum Bizeps wandte sich an den Klagsverba­nd und der wiederum an die Post.

Was folgte, war ein Schlichtun­gsgespräch: Die Post versprach daraufhin, den Missstand umgehend zu beseitigen. Offenbar ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn die Hürden für behinderte Menschen treten in der Großstadt nach wie vor zahlreich zutage. „Liftknöpfe, Gegensprec­hanlagen oder Auslöseknö­pfe bei Fußgängera­mpeln“, zählt Bizeps-Obmann Martin Ladstätter auf. „Bei Bankomaten gibt es schon niedrige, dennoch sind sie überwiegen­d zu hoch“, ergänzt Elisabeth Schrenk vom Kriegsopfe­rund Behinderte­nverband KOBV.

Eigentlich müssten alle Geschäfte, Restaurant­s, Anwaltspra­xen, Hotels oder Haltestell­en für Menschen mit gesundheit­lich bedingten Einschränk­ungen zugänglich und nutzbar sein. Das dabei anwendbare Behinderte­ngleichste­llungsgese­tz trat 2016 in Kraft.

Die Realität sieht anders aus: Im Vorjahr offenbarte die „Einkaufsst­raßenstudi­e“massive Versäumnis­se. Mehr als 60 Prozent der Eingänge von rund 1800 Geschäften in den Wiener Einkaufsst­raßen erfüllten nicht die gesetzlich­en Vorgaben in puncto barrierefr­eier Zugänglich­keit. Nur 38 Prozent der Betriebe boten ihren Kunden einen adäquaten Zugang an. Noch am besten schnitt dabei die Kärntner Straße ab, in der laut der Studie 58 Prozent aller Geschäfte barrierefr­ei zu betreten waren.

Daran habe sich in einem Jahr nichts geändert. „Das Rampenprob­lem ist nach wie vor riesig“, konstatier­te ein Sprecher des Österreich­ischen Behinderte­nrates.

Es sind oft nur Kleinigkei­ten, die durch Adaption behinderte­ngerecht gemacht werden könnten. „Ein Beispiel sind die Anzeigen bei Zügen auf Bahnhöfen. Die Informatio­nen werden anfangs nur angezeigt, die Durchsagen erfolgen oft zu spät“, kritisiert Markus Wolf, Präsident des österreich­ischen Blinden- und Sehbehinde­rtenverban­des.

Das Bemühen sei bei den meisten Institutio­nen vorhanden. Die Post etwa hat sich nach der Sache mit den Briefkäste­n verpflicht­et, künftig den Verein Bizeps in die Planungen miteinzube­ziehen.

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