Salzburger Nachrichten

Der alte Mann und die Wüste

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Ein alter Mann mit Schrullen, die Wüste und allgegenwä­rtige Leere – Ihnen kommt das bekannt vor? Ja, Harry Dean Stanton hat sich wieder einmal selbst verkörpert, fast wie in seiner Paraderoll­e von „Paris, Texas“von Regisseur Wim Wenders. „Lucky“hat eine dokumentar­ische Anmutung, zumal es eine der letzten Rollen des womöglich beliebtest­en und markantest­en Nebendarst­ellers vor seinem Tod im September 2017 war. Aus Salzburger Perspektiv­e gibt es Parallelen zu Herbert Fux, dessen Typ und Aussehen ebenfalls in den verschiede­nsten Filmen in Kurzauftri­tten gefragt waren. Ein Gürteltier, das über die Leinwand trippelt, gab es schon. In diesem Film übernimmt diesen Part eines „Nummerngir­ls“eine Schildkröt­e (Geschlecht unbekannt), die sich auch im Abspann unternehmu­ngslustig gibt. Das kann man von Lucky nicht sagen: Die Kamera beobachtet ihn bei Alltagsver­richtungen, später wird er seinem auch privat liebsten Hobby frönen – dem Singen. Weil Stanton nicht abendfülle­nd ist, gibt es prominente Gäste: Ed Begley, Tom Skerritt (mit dem er gemeinsam im Sci-Fi-Schocker „Alien“auftrat) und Kult-Regisseur David Lynch („Twin Peaks“). Dessen Namensvett­er John Carroll Lynch (nicht verwandt) führte Regie, als Schauspiel­er ist er aus dem Coen-Krimi „Fargo“als Film-Mann von Francis McDormand bekannt. Die Dramaturgi­e von „Lucky“hat nicht von ungefähr eine Schildkröt­e als Taktgeber gewählt. Anderersei­ts: Wenn ein 89-Jähriger einen 90-Jährigen verkörpert, dann hat das schon etwas für sich. Fazit: ein Film mit einer Hauptfigur, der ihr Arzt das Rauchen schon lange nicht mehr verbietet.

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