Militärs vertreiben Händler von Straße der Rucksacktouristen
Die Regierung in Bangkok will die berühmte Khao San Road von Händlern frei halten. Doch es regt sich Widerstand. Das ist ungewöhnlich für Thailand.
Die Khao San Road ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Grell ist die 400 Meter lange Straße in der Nähe von Bangkoks altem Königspalast geworden, arg touristisch und an manchen Ecken auch richtig kriminell. Aber was jetzt passiert, hat die Thanon Khao San („Straße des geschliffenen Reises“), die in den 1980er- und 1990er-Jahren zur berühmtesten Backpacker-Straße der Welt wurde, auch nicht verdient.
Mit einer großen Säuberungsaktion vertrieb die Bangkok Metropolitan Administration (BMA) vergangene Woche alle mehr als 200 Straßenhändler von der Khao San. Ziel ist, die Straße komplett von Ständen frei zu halten, wo es bisher von goldenen Buddhas über gefälschte Sonnenbrillen bis Thai Food so gut wie alles gab. Noch ist nicht sicher, wie das ausgehen wird. Jedenfalls regt sich unerwartet viel Protest.
Die Aktion ist Teil eines Megaplans
Hinter den Kulissen wird nach Lösung gesucht
von Thailands aktueller Militärregierung, die Hauptstadt moderner und sauberer zu machen. Geht es nach dem Willen der Generäle, die nach ihrem jüngsten Putsch schon wieder mehr als vier Jahre an der Macht sind, soll die Zwölf-Millionen-Metropole eine Art zweites Singapur werden, modern, steril, durchreglementiert. Auf jeden Fall: Weg mit dem Chaos, das für Bangkok so typisch ist.
Im Vorjahr hatte die BMA schon damit begonnen, Bangkoks legendäre Straßenküchen zu verjagen, was im Rest der Welt keine guten Schlagzeilen brachte. Inzwischen haben sich die Köchinnen und Köche einige Meter zurückerobert, aber so wie früher ist es nicht mehr. Vor ein paar Monaten wurde dann eines von Bangkoks ältesten Vierteln plattgemacht, Fort Mahakan. Jetzt also die Khao San. Oder auch: „Rucksackland“, wie der Brite Alex Garland die Straße 1996 in seinem Bestseller „The Beach“nannte, der Bibel aller Südostasien-Backpacker, von Hollywood dann auch verfilmt. Zitat: „Beinahe alle Gebäude waren zu Pensionen umgebaut. Es gab klimatisierte Telefonzellen für Auslandsgespräche. In den Cafés zeigten sie brandneue Hollywood-Filme auf Video, und man konnte keine fünf Schritte tun, ohne an einem Stand mit Raubkopie-Kassetten vorbeizukommen.“
Damals war das die Straße, wo jeder Rucksack-Urlauber aus den USA, Europa oder sonst woher hinmusste, bevor es weiterging, meist auf irgendeine Insel. Das Zimmer kostete selten mehr als umgerech- net 70 Schilling. Man konnte sich die Post nachschicken lassen, tauschte allerlei Tipps und fand neue Partner für unterwegs. In den vergangenen Jahren breiteten sich aber immer mehr Maßschneidereien, Wechselstuben und Tattoo-Studios aus. So war das jedenfalls bis zum 1. August. Seit der neuen Verordnung gegen die Händler ist die Straße tagsüber gähnend leer. Wo bislang Stände waren, warten jetzt Tuk-Tuk-Fahrer gelangweilt auf Kunden. Die Polizisten vom Revier am oberen Ende der Khao San fahren die 400 Meter mit ihren Motorrädern regelmäßig auf und ab. Wenn sie doch noch einen der Händler erwischen, kostet das etwa 52 Euro. Hier ist das sehr viel Geld.
Die Straßenhändler wollen sich das allerdings nicht gefallen lassen. Dutzende haben angekündigt, Widerstand zu leisten, was hierzulande eher untypisch ist. Wortführerin Yada Pornpetrumpa sagt: „Wir haben mit dafür gesorgt, dass diese Straße über 30 Jahre hinweg zu einem von Bangkoks Markenzeichen geworden ist. Und jetzt hört uns nicht einmal jemand zu.“
Hinter den Kulissen wird nach einer Lösung gesucht, die beide Seiten zufriedenstellt. Vorübergehend sollen auf der Khao San von 18 bis 24 Uhr wieder Stände aufgestellt werden dürfen, allerdings nur an genau bezeichneten Stellen. Zufrieden sind die Händler damit nicht. Eine der Verkäuferinnen sagt: „Wir wollen kein Nachtmarkt sein. Wenn das so bleibt, ist die Straße tot. Ich mache nicht einmal mehr die Hälfte meines Umsatzes.“