„Ich spüre eine unglaubliche Euphorie“
Adi Hütter ist aktuell der erfolgreichste österreichische Trainer. Mit Salzburg und Bern gewann der Vorarlberger drei Titel. Wie er sich auch in Frankfurt durchsetzen will, erklärte er den SN.
Nach einem intensiven Trainingslager in Südtirol und einer im wahrsten Sinne des Wortes heißen Vorbereitung in der vergangenen Woche steht für den neuen Trainer der Frankfurter Eintracht, Adi Hütter (48), am Sonntag die erste große Bewährungsprobe als Coach der Hessen auf dem Programm. Das deutsche Supercup-Spiel in der ausverkauften Frankfurter Commerzbank-Arena gegen Meister Bayern München wird zur echten Standortbestimmung. Trotz hektischer Tage mit enorm viel Arbeit auf und außerhalb des Platzes nahm sich ExSalzburg-Meistermacher Hütter die Zeit, um mit den SN ein ausführliches Interview zu führen. SN: Am Sonntag beginnt die Saison mit dem Supercup in Frankfurt gegen die Bayern. Wie fühlt es sich an, gleich im ersten Pflichtspiel so eine Partie zu bestreiten? Mehr Freude oder Nervosität? Adi Hütter: Es gibt doch nichts Schöneres, als vor über 50.000 Zuschauern im eigenen Stadion gegen Bayern München zu beginnen. Da überwiegt ganz klar die Freude, eine gewisse Anspannung ist völlig normal und gehört auch dazu. SN: Nach Tätigkeiten in eher kleineren Fußball-Ländern stehen Sie nun im Schaufenster der großen Fußballwelt. Wie gehen Sie mit dieser neuen Situation um? Ich habe schon oft betont, dass es ein absolutes Ziel von mir war, einmal in der deutschen Bundesliga arbeiten zu können. Doppelt schön, dass es Eintracht Frankfurt ist, ein Verein mit riesiger Tradition und großem Fananhang. Natürlich ist alles größer als zuletzt in Salzburg und in Bern, vor allem das Drumherum. Aber ich bin gut vorbereitet auf diese Aufgabe und habe mich auch sehr schnell eingelebt. Unterm Strich geht es aber wieder um das Gleiche, hart zu arbeiten, guten Umgang mit den Spielern zu pflegen und positive Ergebnisse zu liefern. Und wenn man die Chance bekommt, in der deutschen Bundesliga bei einem Traditionsverein Trainer werden zu können, sollte man nicht lange überlegen. SN: Doublesieger in Österreich, Meister in der Schweiz, welche Ziele steckt sich ein erfolgreicher Trainer jetzt in Frankfurt beim regierenden Cupsieger? Natürlich weiterhin erfolgreich zu arbeiten. Aber dafür, von genauen Zielen zu reden, ist es noch zu früh, da muss man abwarten, wie unsere Mannschaft dann letztendlich aussieht. Wir sind hier in Frankfurt noch im Umbruch, haben viele Spieler abgegeben und viele neue Spieler geholt, und es kann auf dem Transfermarkt, der bis Ende August offen ist, noch etwas passieren. SN: Die Euphorie ist in Frankfurt nach dem Sieg im Cupfinale riesengroß. Wie spüren Sie diese Euphorie? Es ist schon unglaublich, vielleicht sogar einzigartig in Europa. Die drei Gruppenspiele in der Europa League sind mit rund 50.000 Zuschauern schon ausverkauft, ohne dass man überhaupt weiß, gegen wen wir spielen. Noch dazu gibt es viele Fans, die gern reisen. In der Vergangenheit gab es internationale Spiele, da sind über 10.000 Frankfurt-Fans mitgereist. Da bekommt man natürlich die Bedeutung des Fußballs und des Clubs hier zu spüren, den Hunger und die Freude der Fans auf internationale Spiele. SN: Ihr großes Ziel war immer, in der deutschen Bundesliga zu arbeiten. Dieses wurde erreicht. Welche Ziele steckt sich Adi Hütter jetzt noch? So, wie ich es bisher immer gemacht habe, Schritt für Schritt weiterzugehen. Jetzt ist das Ziel, hier für diesen tollen Verein erfolgreich zu arbeiten. Wir müssen so schnell wie möglich die Spielphilosophie, die ich im Kopf habe, einbringen, aber natürlich auch Ergebnisse bringen. SN: Aktuell sind Sie der einzige österreichische Trainer, der in der deutschen Bundesliga arbeitet. Was bedeutet das für Sie? Darauf muss man einfach stolz sein? Das ist mir schon bewusst, ich habe mir das auch hart erarbeitet. Wenn man schaut, dass ich vor fünf Jahren noch mit einem österreichischen Zweitligateam Meister geworden bin, macht mich das natürlich stolz, es in so kurzer Zeit schon so weit bis in eine der europäischen Topligen geschafft zu haben. SN: Eintracht Frankfurt ist ein deutscher Traditionsclub mit vielen fanatischen Fans. Spüren Sie bei Ihrer Arbeit mehr Druck als in Österreich oder in der Schweiz? Auf alle Fälle ist die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit größer. Wie es dann mit dem Druck aussieht, kann man erst nach ein paar Pflichtspielen richtig beurteilen. SN: Können Sie eigentlich ruhig und konzentriert bei diesem riesigen Medieninteresse um den Verein arbeiten? Je größer der Club, je größer die Liga, desto größer das Interesse im Umfeld, das ist völlig normal. Ich komme mit diesen Dingen gut zurecht und versuche, auch in diesem Bereich professionell zu arbeiten. Mir ist auch klar, dass die Journalisten aufgrund des Interesses am Verein viel liefern und tiefgründig arbeiten müssen. Da versuche ich auch, genügend Zeit zur Verfügung zu stellen. Aber klar ist auch, dass die Arbeitstage anspruchsvoll, intensiv und lang sind. SN: Gibt es auch Gedanken bei Ihnen, in der deutschen Bundesliga scheitern zu können, nachdem es in Ihrer Karriereleiter bisher nur steil bergauf ging? Ich glaube, Scheitern gehört zum Leben dazu. Aber diese Gedanken habe ich nicht. Wenn ich mir Gedanken darüber machen würde, wäre ich hier fehl am Platz. SN: Einige wichtige Führungsspieler haben die Eintracht in der Transferzeit verlassen. Sind die neuen Spieler schon so weit, Abgänge wie die von Kevin-Prince Boateng, Marius Wolf oder Omar Mascarell zu kompensieren? Frankfurt ist dies gewohnt, das war in den vergangenen Jahren nicht anders. Das Gleiche gilt für mich, ich hatte in den vergangenen Jahren immer Mannschaften, die man neu formen musste. Ich sehe dies aber auch als Chance für andere Spieler, mehr in den Fokus zu rücken. SN: Am Sonntag steht das Supercup-Spiel gegen den FC Bayern auf dem Programm. Welche Wertigkeit hat die Partie für Sie persönlich? Man spielt ja nicht jeden Tag gegen die Bayern um einen Titel. Richtig, es geht um einen Titel, den man gewinnen kann. Zusätzlich ist es ein echter Gradmesser, man kann dann gut ablesen, wie weit wir schon für den Ligaauftakt sind. Die Ausgangslage ist sicher schwierig. Immerhin spielen wir gegen die mit Abstand erfolgreichste Mannschaft Deutschlands. SN: Ihr Ex-Club Red Bull Salzburg spielt wieder Qualifikation zur Champions League. Was trauen Sie den Bullen im elften Anlauf zu? Ich habe noch gut die tollen Auftritte in der vergangenen Saison der Europa League im Kopf, das war großartig. Ich traue ihnen definitiv zu, die Champions-League-Gruppenphase zu erreichen. Die Voraussetzungen sind sehr gut, das Team ist zum großen Teil zusammengeblieben. Noch dazu schätze ich Trainer Marco Rose sehr. Ich hoffe, Salzburg schafft die Qualifikation.