Hügel und Haufen
ICHbin kein Experte für Immobilieneigentum, aber ich dachte immer, ein Haus und ein Garten gehören demjenigen, der im Grundbuch steht. Das ist, wie ich jetzt weiß, ganz und gar nicht so. Das heißt: Es ist so, soweit es den Menschen betrifft. Aber was ist schon der Mensch?
Auf dem Giebel meines Wohnhauses sitzt jeden Morgen und jeden Abend ein Amselmännchen und brüllt sich die Seele aus dem Leib. Auf dem Giebel des Nachbarhauses sitzt ebenfalls ein Amselmännchen und tut das nämliche. Lange glaubte ich, die Vögelein tirilieren aus reinster Lebenslust. Aber wo!
Die beiden Amselherren schreien, da bin ich mir ganz sicher, die Grenzen ihres Reviers aus. „Ich bin da und du bleib dort“, pfeifen sie. Ihre hübschen Lieder sind eine Art gesungenes Grundbuch, in dem der Mensch nicht, aber schon gar nicht vorkommt.
Ähnliches ist im Garten zu beobachten. Ich weiß nicht, ob es stimmt, denn ich kann sie ja nicht fragen, aber ich glaube, auch Maulwürfe sind Anhänger der Grundbuch-Idee. Jeder Maulwurfshügel ist ein Erde gewordenes „Meins!“. Ein Maulwurf unterstreicht seine Besitzrechte am Garten, indem er ihn unablässig behügelt.
Als mir diese Behügelung zu viel wurde, besorgte ich eines Tages einen Maulwurfvertreiber. Das ist eine sinnreiche Vorrichtung, die man in die Erde steckt, damit sie alle fünf Sekunden „Piep!“macht. Dieses unablässige „Piep!“sei die absolute Hölle für jeden Maulwurf, versicherte mir der Verkäufer. Na ja.
Entweder ist mein Maulwurf schwerhörig oder Masochist, jedenfalls habe ich noch niemals so viele Maulwurfshügel auf einem Haufen gesehen wie rund um die „Piep!“-Maschine. Offensichtlich wollte sich mein Maulwurf in seiner hügeligen Ausdrucksform jeglichen Eingriff in seine grundbücherlichen Rechte energisch verbitten.
Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Das Schlimmste sind Katzen. Als ich das erste Mal meine beiden Katzen in das Sommerhaus meiner Eltern mitnahm, sahen die ansässigen Dorfkatzen darin einen schweren Verstoß gegen ihr Eigentum am elterlichen Garten. Wie sie das ausdrückten?
Nun, das ist jetzt nicht ganz einfach zu erklären. Eine der örtlichen Katzen steckte ihr Hinterteil durch das vergitterte Badezimmerfenster des Hauses und ... und ... Wie soll man das jetzt formulieren? Sagen wir so: Sie produzierte einen geruchlich überaus weitreichenden Haufen, um damit feierlich gegen die Gartenräuber zu protestieren.
Seither weiß ich: Es gibt nicht nur das Grundbuch der Menschen, sondern es gibt viele Grundbücher. Und das der Katzen stinkt zum Himmel.