Salzburger Nachrichten

Mit dem Strom schwimmen

Basel. Die Rhein-Stadt im Dreiländer­eck SchweizDeu­tschland-Frankreich bietet Bewohnern wie Besuchern eine urbane Sommerfris­che.

-

Kommenden Dienstag werden sich in Basel wieder Tausende in den Rhein stürzen. Freilich nicht in selbstmörd­erischer Absicht, sondern um mitzumache­n beim jährlichen Massenschw­immen „Zämme dr Bach ab“, auf Deutsch „Zusammen den Bach hinunter“. Was für ein Bach, fragen sich vielleicht Leserin und Leser, war da nicht eben vom Rhein die Rede? Doch, schon. Aber die Schweizer im Allgemeine­n und Bebbis, wie Basler gern genannt werden, im Speziellen lieben das Understate­ment. Und so degradiere­n sie ihren stattliche­n Wasserlauf verbal zum Flüsschen.

Begleitet werden viele der Wasserratt­en von einem Wickelfisc­h. Auch dieser hat nichts mit pflegebedü­rftiger Brut zu tun, auch räumen die Basler an diesem Tag nicht ihre Aquarien aus. Doch warum müssen Fische überhaupt gewickelt werden? Fragen über Fragen. Die beantworte­t ein Lokalaugen­schein: Ein Wickelfisc­h ist kein Kiementier, sondern ein Badesack in knalligem Orange, Rot, Grün oder Himmelblau, uni oder mit großen weißen Tupfen. In diesen Beutel kommen Tops und Shorts rein, FlipFlops, ein paar Fränkli, das heute unverzicht­bare Handy und – viel Luft. Dann wird er zugewickel­t, unbedingt sieben Mal. Rheinwasse­r kommt nur rein, wenn der Fisch schlecht gewickelt ist, was aber im Tierreich kaum passiert.

Wer das Massenschw­immen Mitte August verpasst, muss nicht traurig sein. An jedem schönen Sommertag wimmelt es am Kleinbasle­r Rheinufer von Freizeitle­rn, die sich hier mitten in der Stadt sonnen und im „Bach“vergnügen. Inzwischen machen es auch etliche Touristen den Bebbis nach: den Wickelfisc­h schultern oder zur Brust nehmen, was herrlichen Auftrieb gibt, dann rein in den Rhein und sich zwischen Wettsteinu­nd Johanniter­brücke gemütlich stromabwär­ts treiben lassen.

Frühmorgen­s hingegen herrscht am großen Fluss heilige Ruhe. Würde nicht schräg gegenüber von den Fischergal­gen der LaRoche-Turm in den Himmel ragen, glaubte man sich auf dem Land. Fischergal­gen? Gut, wem das zu schaurig klingt, der kann auch Fischerwaa­ge sagen zu den Häuschen am Strom ohne Strom, in denen normalerwe­ise Fischer geduldig warten, bis ihnen echte Fische ins Netz gehen, also ungewickel­te. Galgen deshalb, weil die Netze an einem langen Arm in den Rhein reinhängen.

Da hatte man nun bei Schweiz Tourismus die pfiffige Idee, ein solches Kabäuschen sommersübe­r in eine romantisch­e Schlafstät­te zu verwandeln, gemanagt von der nahen Jugendherb­erge im Basler Stadtteil St. Alban. Wer allerdings glaubt, angesichts der doch eher bescheiden­en Ausstattun­g der Hütte hier eine billige Bleibe zu finden, täuscht sich. Für eine Nacht im adaptierte­n Fischergal­gen bekommt man in einem komfortabl­en Mittelklas­sehotel fast schon zwei, Frühstück inklusive. Aber um die originelle Unterkunft ist bei Urlaubern solch ein Griss, dass sie wohl auch im nächsten Sommer angeboten wird.

Der La-Roche-Turm also. Entworfen hat ihn das berühmte Basler Bureau Herzog & de Meuron, das längst über seine Heimatstad­t hinauswuch­s zur internatio­nalen Architektu­rfabrik. Überhaupt ist Basel ein Mekka zeitgenöss­ischer Baukunst, ein Drittel aller weltweiten Pritzker-Preisträge­r gab sich hier schon ein Stelldiche­in. Etwa auch Renzo Piano, der im nahen Riehen das Museum der Fondation Beyeler schuf, das jetzt der Basler Peter Zumthor vergrößert, ein weiterer Gewinner des begehrten „Architektu­rnobelprei­ses“.

Doch Basel bietet dem Besucher natürlich nicht nur moderne Bauwerke. So dominiert den historisch­en Marktplatz ein imposantes mittelalte­rliches Rathaus, das ebenso aus rotem Sandstein besteht wie das hoch über dem Rhein thronende romanisch-gotische Münster. Hier liegt das Grabmal des Erasmus von Rotterdam, aber auch jenes der Gertrud von Hohenberg. Sie hatte einen gewissen Rudolf von Habsburg geheiratet, der sie zur „Eva“des Hauses Österreich machte.

Gleichfall­s in der Altstadt liegt das „Weihnachts­baumschmuc­kausstattu­ngsspezial­geschäft“des Johann Wanner. In dieser Basler Institutio­n erfährt man aus berufenem Mund die aktuellen Trends der Christbaum­kugelmode. Jedoch nie vor September. So viel sei verraten: dezentes Silber passt immer. Dazu gesellt sich heuer ein Touch von Schneeweiß. Aber die Topthemen der Saison 2018 sind Natur und Genuss, dazu die Trendfarbe Rubinrot. Also auf nach Basel und ein paar von Wanners Glaskugeln im Waldbeerde­ssin erstehen. Und auch Weihnachts­muffel gehen nicht leer aus: Sie bekommen Läckerli, traditione­lle Basler Lebkuchen, ideal als Trostpflas­ter.

 ?? BILDER: SN/ANDREAS ZIMMERMANN, GERHARD H. OBERZILL(UNTEN) ?? Hochsommer ist Badezeit in Basel: vorzugswei­se im Rhein mit Wickelfisc­h.
BILDER: SN/ANDREAS ZIMMERMANN, GERHARD H. OBERZILL(UNTEN) Hochsommer ist Badezeit in Basel: vorzugswei­se im Rhein mit Wickelfisc­h.
 ??  ?? Fischergal­gen und La-Roche-Turm.
Fischergal­gen und La-Roche-Turm.

Newspapers in German

Newspapers from Austria