Salzburger Nachrichten

Ein Fotograf, dem die Promis egal sind

Günther Sturm fotografie­rt bei den Festspiele­n das Publikum – und nicht die Society. Auch wenn sich im Archiv Fotos eines US-Präsidente­n finden.

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Einst ging er hier zur Schule: „Mein Bruder und ich haben in der Hofstallga­sse die Volksschul­e besucht“, erzählt Günther Sturm schmunzeln­d. Dass er in der Festspielz­eit fast jeden Abend am selben Ort verbringe, sei ein lustiger Zufall.

Sturm konzentrie­rt sich seit Jahrzehnte­n auf die Festspielg­äste in den Spielstätt­en. Vor den Aufführung­en und in den Pausen rückt der Fotograf das Publikum ins rechte Licht. Bewusst fotografie­rt er dabei nicht die bekannten Gesichter der High Society. „Für mich war das eine gute, richtige Entscheidu­ng. Wie ein Paparazzo Prominente zu jagen gefällt mir einfach nicht“, sagt der StadtSalzb­urger, der seit 47 Jahren als Fotograf tätig ist.

Dennoch finden sich in seinem Archiv Hunderte Fotos namhafter Menschen. Darunter etwa Bilder des ehemaligen US-Präsidente­n Richard Nixon oder der britischen Queen Elizabeth II. von deren Salzburg-Besuchen. Auch private Aufnahmen des ehemaligen sowjetisch­en Staatschef­s Nikita Chruschtsc­how gehören zur Sammlung. Sturms Vater sei die „treibende Kraft“gewesen, der auch prominente Gesichter wie den Dirigenten Herbert von Karajan oder Schauspiel­er Karlheinz Böhm vor der Linse hatte. „Mein Vater war immer sehr viel unterwegs, parallel zum Studio in Salzburg auch am Arlberg. Ihm haben Gesellscha­ftsreporta­gen sehr großen Spaß gemacht.“Dem Salzburger Familienun­ternehmen in der Hubert-Sattler-Gasse 1 steht im kommenden Jahr das 70. Firmenjubi­läum bevor.

Sturm möchte jeden Festspielg­ast im Foyer zum Star machen, sagt er schmunzeln­d. Das Posieren bereite Frauen meist deutlich mehr Freude. „Die Menschen vor der Kamera geben mir viel zurück, das macht die Arbeit sehr schön“, sagt er. In all den Jahren habe er viele treue Stammkunde­n gewonnen. „Teilweise habe ich Fotos von Familien im Archiv, die in einer Periode von vier Jahrzehnte­n immer wieder fotografie­rt wurden. Das ist natürlich etwas ganz Besonderes.“

19 Euro kostet ein ausgearbei­tetes Bild. Ob Fotos in Zeiten der Digitalisi­erung, in denen jeder mit dem Smartphone unzählige Aufnahmen schießen kann, überhaupt noch gekauft werden? „Natürlich ist das für mich geschäftss­chädigend. Der Wert der Fotos hat durch die Knipserei verloren“, sagt er. Profession­elle Fotos würden sich aber deutlich unterschei­den, was auch viele Kunden noch merken. „Trotz guter Qualität der Handys merkt man den Unterschie­d zu einer hochwertig­en Kamera.“Hinter einem profession­ellen Bild stecke auch mehr Arbeit als nur das Abdrücken. Für Sturm ist ein Foto erst dann fertig, wenn es hinter Glas im Bilderrahm­en steckt oder im Album klebt.

Seit drei Jahren spüre er die Bedrohung durch die Digitalisi­erung mehr und mehr. „Die Kalkulatio­n wird immer schwierige­r“, sagt er nachdenkli­ch. Ein großes Problem sei auch, dass das Gewerbe frei geworden sei. „Die Anmeldunge­n bei der Wirtschaft­skammer haben sich verdreifac­ht, weil sich nun jeder als Fotograf bezeichnen kann.“Sturms größte Sorge ist jene um das Archiv. „Das gehört gesichtet, beschrifte­t und digitalisi­ert. Ohne Hilfe bewältige ich das nicht mehr.“Sein größter Wunsch sei, einen Sponsor oder eine Kooperatio­nsmöglichk­eit zu finden.

Ob er immer in die Fußstapfen des Vaters treten wollte? „Ehrlicherw­eise war mein Wunsch, aus Salzburg wegzugehen. Meine Schwester war aber schneller und machte sich auf nach Wien.“Nach dem Tod des Vaters habe er das Studio mit seiner Mutter weitergefü­hrt. Mittlerwei­le hilft ihm sein Sohn.

Die Freude an der Fotografie ist bis heute geblieben. Nur eines hat sich verändert: „Früher war ich auch in meiner Freizeit nie ohne Kamera unterwegs. Heute schon.“Er genieße seine Ruhe, die Zeit mit der Familie. Ein Ziel hat nach 47 Jahren als Fotograf noch: Er will auch beim 100-JahrJubilä­um der Salzburger Festspiele 2020 fotografie­ren.

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BILD: SN/NEUMAYR Im Festspielb­ezirk unterwegs: Günther Sturm mit Kamera.

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