Der bessere Pressesprecher
Niki Lauda ist nicht nur ein Großer im Rennsport. Er ist auch noch immer ein glänzender Vermarkter. Seiner selbst, aber vor allem „seiner“Firmen.
Klar, wer drei Mal Formel-1-Champion wird, dem wird zugehört. Und geglaubt. Vor allem, wenn er schlüssig und damit überzeugend argumentieren kann. Und dazu noch ein Prise „Wiener Schmäh“einstreut. Das kommt international gut an. Wie bei Andreas Nikolaus Lauda, 69. (Bei einer Whisky-Marke heißt es „Still going strong“, das passt auch zum „Niki“.)
Niki Lauda bewies in seiner Karriere – als Rennfahrer (1968 bis 1985) und als Unternehmer bis heute – nicht nur, dass er sein Fach beherrscht, sondern auch etwas ganz Wichtiges: Öffentlichkeitsarbeit.
Lauda war schon ein perfekter „Pressesprecher“, als es zum Beispiel in der Formel 1 diesen Job in kaum einem Team gab.
Lauda beherrscht das Medienklavier. Und wer fast immer freundlich zu den Medien ist, zu dem sind auch die Medien meist freundlich.
In Gesellschaftsspalten. In der Wirtschaft. Im Sport.
Lauda war von Beginn seiner Karriere (das war die Zeit, als es nur „Festnetz“als direkte Fernkommunikation gab, und zwar manchmal mit „Geheimnummern“!) in den meisten Fällen erreichbar.
Damit gewann er viele Sympathien. Und Rückhalt. Aber er machte sich auch Ärger.
Als Fahrer bei Ferrari zum Beispiel, denn in der Scuderia war immer das Team der Star und nicht der Angestellte. Ob er Lauda oder Schumacher oder Berger oder Villeneuve oder sonst wie hieß. Es war und ist im egozentrischen Mikrokosmos der Formel 1 noch immer Usus, dass große Ankündigungen vom Team kommen. Und nicht vom fahrenden Mitarbeiter.
Lauda hielt sich kaum daran. Das brachte ihm Argwohn der Chefs und Sympathien in der Öffentlichkeit.
Auch bei McLaren erging es ihm nicht anders als bei Ferrari. Als er am Wochenende seines letzten Österreich-GP im August 1985 vor die Presse trat und seinen (zweiten) Rücktritt zu Saisonende 1985 erklärte, hatten die Medien ihre Headlines. Und neben ihm stand ein erzürnter Teamchef Ron Dennis. Der gehörte zu jenen, denen man nicht die Show stehlen darf, will man was erreichen. Doch Herr Lauda hatte mit dem dritten WM-Titel schon alles erreicht.
Die Formel 1 und der Motorsport ließen Niki – man muss fast sagen, zum Glück – nicht los. Wenn wir uns nicht dramatisch verzählen, war Lauda Markenbotschafter von: BMW (1980er), Ferrari (1990er), Ford/Jaguar (2000er) und Mercedes (2010er). Die „Botschaften“für die Bezahler seiner Kapperl gar nicht mitgerechnet.
Lauda, auch dank guter Italienischkenntnisse bei den Italomedien höchst gefragt, war Berater des damaligen Ferrari-Chefs Luca di Montezemolo (seines einstigen Rennleiters in den 1970ern). Als die Scuderia Anfang der 1990er nach der Ära Prost/Mansell hintennach fuhr, mit Berger und Alesi mühsam ein Aufschwung in Arbeit war, stellte sich Lauda vors Team und beruhigte im 14-Tage-Rhythmus die italienischen Gazetten – seine „Promotion“als „Mediensprecher“.
Lauda hatte über viele Jahre nur ein Problem: mit der deutschen „Bild“. Für die war er, aus welchen Gründen immer, Feindbild. Nach dem Absturz der Lauda-Boeing in Thailand im Mai 1991 titelte „Bild“: „Zieht dieser Mann das Unglück an?“
Das Verhältnis zur „Bild“änderte sich schlagartig, als Lauda Fachkommentator für RTL wurde. Plötzlich war der Wiener auch so etwas wie Niki nazionale in Germanien. (Man muss ja zugeben, seine Analysen mit Florian König und oft weiteren Gesprächspartnern waren nicht nur messerscharf, sondern phasenweise auch kabarettartig.)
Dabei zeigte Lauda auch durchaus Flexibilität in der Meinungsfindung. Als Schumacher einst in Monaco mit einem üblen Foul Alonso an einer „Pole Position“hinderte und dafür von den Kommissären bestraft wurde, fielen Laudas Analysen in RTL (pro Schumi) und im ORF (contra Schumi) ziemlich konträr aus.
Nach dem Drama um die Lauda-Boeing „Mozart“, in seinen mental wohl schwierigsten Tagen, versuchte er aktiv, Erklärungen zu finden. Er versteckte sich nicht und hinter niemandem. Das wurde akzeptiert.
Dass er sonst als Inhaber mehrerer Fluglinien vor allem zum Thema MitarbeiterMitbestimmung seine unternehmerische Meinung vertrat, war nachvollziehbar. Da hatten es die Angestellten schwer, gegen den Medienliebling Lauda zu punkten. Vor allem, weil Lauda auch als Airliner mit den Medien umzugehen wusste – und sei es nur mit Einladungen zum „Flugzeugabholen nach Seattle“.
Bei Mercedes weiß man in Stuttgart wie in Salzburg, dass Lauda als Oberchef des F1Teams und der zweite Wiener, Toto Wolff, als operativer Boss Glücksfälle sind. Die beinhart den Erfolg wollen, schließlich sind sie auch Miteigentümer des Rennstalls. Und auch als solche für Medien zugänglich. Im Gegensatz zu anderen Teams, die E-MailAnfragen nicht einmal beantworten und deren „Pressesprecher“eigentlich Presseverhinderer als Jobbezeichnung führen sollten.
In dieser Hinsicht können noch viele Junge etwas vom Bald-70er Lauda lernen.
Dem wir rasche Genesung wünschen.