Wenig Chance auf Reform der Familienbeihilfe
Österreich erhält Unterstützung aus Deutschland, aber EU-Kommission lehnt ab.
Das Bemühen der österreichischen Bundesregierung, die Familienbeihilfe für im EU-Ausland lebende Kinder auf die dort üblichen Unterhaltskosten zu senken, hat wenig Chancen auf Realisierung. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger sagte am Wochenende, es gebe eine klare Tendenz unter den EU-Mitgliedsstaaten, die gegenwärtige europäische Rechtslage nicht zu ändern.
Die EU-Kommission hatte zuletzt betont, eine Anpassung von Zahlungen an die Lebenshaltungskosten am Wohnort des Kindes sei wegen des Verbots von Diskriminierung nirgendwo im EU-Recht vorgesehen. Sollte Österreich die Regelung dennoch beschließen, droht somit eine Klage der EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof.
Allerdings erhält Österreich in der Debatte nun Unterstützung aus Deutschland. Die Debatte über die sogenannte Indexierung der Familienbeihilfe wurde dort durch einen Rekord an ausländischen Kindergeldempfängern ausgelöst. 2017 überwies Deutschland 343 Millionen Euro an Kindergeld auf Konten im Ausland. Im letzten Jahr ist die Zahl der Empfänger im EU-Ausland (worunter allerdings auch deutsche Staatsbürger sind) um zehn Prozent gestiegen. Mehrere deutsche Oberbürgermeister auch aus den Reihen der SPD führen die Steigerung unter anderem auf Missbrauch zurück. Menschen würden nach Deutschland geschleppt und mit Scheinbeschäftigungen versorgt, um Kindergeld für Kinder zu beziehen, von denen man gar nicht wisse, ob sie existierten, lautet der Vorwurf.
In Österreich seien keine derartigen Fälle von Missbrauch bekannt, sagt Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP). In der Debatte um die Familienbeihilfe fordert sie eine „neue Gerechtigkeit“. Da die Lebenshaltungskosten in der EU unterschiedlich hoch seien, sei eine Anpassung der Familienbeihilfe nur fair und nicht diskriminierend. Bogner-Strauß widerspricht damit der Rechtsansicht der EUKommission.
In Österreich hat sich die Zahl der im Ausland lebenden Kinder, für die Familienbeihilfe bezogen wird, seit 2002 fast verhundertfacht. Die Zahl sei von damals 1500 auf unterdessen 130.000 gestiegen, berichtete kürzlich der Rechnungshof. Im Vorjahr zahlte Österreich 253 Millionen Euro für Kinder im Ausland. Durch die Indexierung der Familienbeihilfe sollen 100 Millionen Euro gespart werden.