Aus eins mach zwei mach sechzehn
Martin Grubinger, Yuja Wang und The Percussive Planet Ensemble definierten den Begriff „Solistenkonzert“ganz anders.
Schon wieder so ein „verrückter“Konzertabend der Salzburger Festspiele! Er fiel zwar unter die Kategorie „Solistenkonzert“, aber wer sollte da der Solist gewesen sein? Der Salzburger Perkussionsstar Martin Grubinger? Oder doch die stets freizügig gekleidete chinesische Speed-Pianistin Yuja Wang? Letztlich kam am späten Samstagabend eine Truppe von 16 Musikern aufs Podium des Großen Festspielhauses. Und los ging eine Session von so gar nicht geplanter Art.
Eigentlich wollten Martin Grubinger und Yuja Wang mit dem Percussive Planet Ensemble Strawinskys „Sacre du Printemps“spielen – in einer Bearbeitung, die zeigen will, wie nahe das „Schlaginstrument“Klavier und das Schlagzeug einander sind: percussive power.
Vier Wochen vor dem Konzert, so erzählte Grubinger dem Publikum, untersagte Strawinskys Verlag die Aufführung für Europa. In den USA dürfe die Fassung gespielt werden, hierzulande: Nein. Also setzten sich Musiker und Festspielleitung zusammen – und herauskamen, eine gute Dreiviertelstunde lang, „Rituals“, Improvisationen über Motive von Strawinsky. Sie wurden zum tollkühnen Ritt durch die Gefilde der Weltmusik: Afro, Ethno, Karibisches, Osmanisches, Balkan-Pop, dazu ein tolles Saxophonsolo, Blechbläsereinwürfe, E-Gitarren und am Anfang allerzartest gestrichene Klangschalen. Das Podium fasste die pittoresken Instrumentenburgen kaum, die da wohl mittels Tieflader antransportiert werden mussten. Und das Publikum war völlig aus dem Häuschen.
Nach der Pause erst kam Yuja Wang und zwirbelte in atemberau- benden Verschlingungen drei rasende Ligeti-Etüden aus dem Flügel. Und danach besiedelten Martin Grubinger und seine drei engsten Kombattanten eine kleinere Schlagwerkwelt – für eine Bearbeitung der Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug von Béla Bartók aus 1937, hier gesetzt für ein Klavier, zwei Marimbaphone und gleichsam Bartóks Originalinstrumente.
Was im Ergebnis schließlich nicht unproblematisch war. Das Klavier verschwamm (oder verschwand es gar?) unter den dominanten Weichzeichnereffekten der Marimbas; der harte, anklagende Originalwerkcharakter ging verloren, die Effekte freilich zündeten dennoch. Und entfachten Begeisterung noch für – wieder neu zu justierende – Zugaben. Da schaute niemand auf die Uhr. Erst danach wurde man gewahr: Es war schon knapp vor Mitternacht. Diese Solisten!