Jetzt auch die Türkei im Handelskrieg mit USA
Provokanter Trump-Tweet, kämpferische Erdoğan-Reden und verdoppelte US-Zölle schickten türkische Währung auf Rekordtief.
Im Streit zwischen dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan und USPräsident Donald Trump verschärft sich der Ton – mit schweren Folgen für die türkische Wirtschaft. Erdoğan sprach von „Kampagnen“und einem „Wirtschaftskrieg“. In Rize am Schwarzen Meer sagte er am Samstag, die Kugeln, Granaten, Raketen in diesem Krieg seien Dollar, Euro oder das Gold. Er drohte, denen „die Hände zu brechen, die diese Waffen abfeuern“.
Am Freitag war die Landeswährung Lira um fast 20 Prozent eingebrochen. Ein Dollar kostete zeitweise 6,87 Lira, 5 Lira waren es Anfang August gewesen. Seit Jahresbeginn verlor die Währung zum Dollar mehr als 70 Prozent, zum Euro 61 Prozent. Zuvor hatte Trump angekündigt, Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der Türkei auf 50 und 20 Prozent zu verdoppeln, was die Türkei als Verstoß gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO anprangert. 2017 lieferte die Türkei Eisen, Stahl und Aluminium im Wert von 1,1 Mrd. Dollar (950 Mill. Euro) in die USA, 0,7 Prozent aller Ausfuhren.
Hintergrund ist der Konflikt um die Festnahme des US-Pastors Andrew Brunson in der Türkei wegen Terrorvorwürfen. Als Antwort stellte Erdoğan eine Annäherung an Russland in den Raum, Außenminister Sergej Lawrow ist in Ankara.
Erdoğan dementiert, dass die türkische Wirtschaft in einer Krise stecke. „Das ist keine Wirtschaft, die bankrott geht, die untergeht oder die durch eine Krise geht.“Türkische Wirtschaftsbosse sehen das zum Teil anders. In der Zeitung „Sabah“bittet der Chef der Istanbuler Industriekammer um dringende Maßnahmen der Regierung. Der Lira-Verfall riskiere die finanzielle Stabilität des Landes.
Erdoğan bestand am Wochenende weiter auf seiner umstrittenen Meinung: Lösung sei, die Zinsen zu senken und mehr zu produzieren. Der Präsident liegt damit diametral entgegengesetzt zur gängigen Wirtschaftslehre, wonach Zinserhöhungen die Währung stärken und die Inflation bekämpfen, die in der Türkei über 15 Prozent liegt.
Erdoğan sabotiert damit auch ein Maßnahmenpaket zur Rettung der angeschlagenen Wirtschaft, das sein Schwiegersohn, Finanzminister Berat Albayrak, kürzlich vorstellte. Das „neue Wirtschaftsmodell“sollte Märkte und Investoren beruhigen, blieb aber vage. Manche Analysten spekulieren bereits über die Möglichkeit einer Staatspleite der Türkei.