Salzburger Nachrichten

Hefe kann Biodiesel erzeugen

Grazer Forscher suchen nach Alternativ­en zur Treibstoff­herstellun­g.

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Weltweit wird die Nachfrage nach Biotreibst­offen immer größer und Anbaufläch­en für Nutzpflanz­en der Biodiesel-Produktion geopfert. Eine Forschungs­gruppe aus Graz will das Dilemma mit einer unkonventi­onellen Hefesorte lösen. Sie kann Fett erzeugen, das dann in Biodiesel umgewandel­t werden könnte.

Pflanzenöl­e sind die wichtigste­n Grundstoff­e für die Herstellun­g von Biodiesel. Forscher suchen weltweit nach Alternativ­en, damit die Erzeugung von hochwertig­en dieselarti­gen Treibstoff­en künftig weniger stark mit der Lebensmitt­elprodukti­on konkurrier­t. Eine davon wäre, das Fett nicht am Acker, sondern von Hefezellen aus dem Labor produziere­n zu lassen.

Die Fähigkeit der Bäckerhefe, Kohlenhydr­ate zu Kohlendiox­id und Alkohol umzusetzen, wird bei der Lebensmitt­elherstell­ung genutzt. Mit „Fetthefen“wie Yarrowia lipolytica arbeite man allerdings erst seit kurzem, sagt der Grazer Molekularb­iologe Klaus Natter von der Universitä­t Graz. „Sie ist wegen des namensgebe­nden Fettgehalt­s interessan­t.“Der Hefepilz Yarrowia lipolytica zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, Fette in Form von Triacylgly­ceriden in großen Mengen in Lipidtröpf­chen innerhalb der Zelle einzulager­n. 20 Prozent der Biomasse und mehr seien durchaus üblich. Diese Eigenschaf­t macht sie attraktiv für die biotechnol­ogische Produktion von lipidbasie­renden Chemikalie­n wie Biodiesel.

Natters Forschungs­gruppe hat in den vergangene­n zwölf Monaten ein computersi­muliertes Modell der Stoffwechs­elprozesse der Zelle erstellt und versucht die Gene zu identifizi­eren, die die Lipidsynth­ese noch steigern könnten. Danach folgende Experiment­e haben die Computersi­mulationen bestätigt. Letztlich gelang es durch genetische Manipulati­onen die Fetteinlag­erungen auf bis zu 60 Prozent zu steigern. Die veränderte­n Hefen seien ganz normal lebensfähi­g, würden allerdings etwas langsamer als ihre Vorfahren wachsen.

Es zeigte sich, dass auch die Bäckerhefe Potenzial in sich trägt: Hier konnte der Fettgehalt von üblicherwe­ise fünf bis zehn Prozent „um ein Mehrfaches“gesteigert werden. „Das zeigt, dass die Unterteilu­ng in fette oder nicht fette Hefe nicht ganz korrekt ist“, stellte Natter klar, der auch die Bäckerhefe als aussichtsr­eichen Kandidaten zur Fettproduk­tion betrachtet.

Aus Sicht der Grazer Forscher gibt es allerdings noch zahlreiche Hürden am Weg zu einer industriel­len Umsetzung: „Um den Prozess nachhaltig zu machen, müsste der Nährstoff für diese Hefen aus Abfällen bestehen“, betonte Natter. Zellulose, die von Enzymen zuvor zerlegt wurde, wäre eine Möglichkei­t. „Dann würden beim Abernten eines Maisackers nicht mehr die Maiskolben, sondern der Rest zur Biodieselp­roduktion verwendet werden“, wie der Forscher erklärte. Im Moment sei das Verfahren allerdings noch nicht wirtschaft­lich.

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