380 kV: Die nächsten Trümpfe
Betreiber drängt auf Entscheidung. Gegner sehen rechtliche Baustellen.
Der Projektbetreiber der 380-kV-Leitung durch Salzburg, die VerbundTochterfirma Austrian Power Grid (APG), drängt auf eine Genehmigung. Aber für die Gegner der Freileitung ist die Sache noch lang nicht entscheidungsreif und sie glauben, einige weitere Trümpfe in der Hand zu haben.
Der technische Vorstand der APG, Gerhard Christiner, weist darauf hin, dass das Verfahren über die geplante 380kV-Leitung von Elixhausen nach Kaprun seit Anfang 2016 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sei. „Für Österreich und die Umsetzung seiner ambitionierten Klimaund Energiestrategie wäre es absolut wichtig, rasch die Salzburgleitung umzusetzen. Sie ist eines der zentralen Energiewende-Projekte für das Land“, so Christiner.
Die APG stützt sich darauf, dass ihrem Projekt in einem „vollumfänglichen“Verfahren die Umweltverträglichkeit beschieden wurde. Doch genau da haken Gemeinden und Bürgerinitiativen ein: Erstens sei das Land Salzburg für die Genehmigung möglicherweise gar nicht zuständig gewesen. Zweitens könne das Vorhaben allein schon deshalb nicht umweltverträglich sein, weil die Rodungen ein Vielfaches der genehmigten Flächen ausmachen würden. Die Grundlage für diese Hoffnung der Projektgegner bildet die neue Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über Rodungen für ein ebenfalls sehr umstrittenes 110kV-Projekt im oberösterreichischen Almtal.
Die Salzburger „ErdkabelKämpfer“drängen beim Bundesverwaltungsgericht darauf, dass die Frage der Rodungsflächen nach dem ihrer Meinung nach richtungsweisenden EuGH-Urteil völlig neu beurteilt werden müsse. Außerdem bezweifeln sie, dass die Salzburger Landesregierung für den Ende 2015 ausgestellten (positiven) Umweltbescheid zuständig war. Schon vor mehr als einem Jahr, bei der Berufungsverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Wien, hat der Anwalt der Gemeinden und Bürgerinitiativen Eugendorf und Koppl, Adolf Concin, verlangt, den Bescheid aufzuheben. Denn namhafte Rechtsexperten argumentieren, für die Ortszuständigkeit wäre der Unternehmenssitz der APG, also das Land Wien, heranzuziehen. Diese Frage wird wohl früher oder später nur vom Verfassungsgerichtshof zu klären sein. Das Bundesverwaltungsgericht habe sie dem Verfassungsgerichtshof aber noch nicht vorgelegt, so Concin.
Den Bürgerinitiativen-Vertreter Franz Köck ärgert, „dass sich die Menschen – und nicht die Behörde und die Politik – darum kümmern müssen, dass ein Verfahren rechtskonform abläuft“. Die Übel lägen in der „schlampigen“Einreichung des Vorhabens (die Umweltverträglichkeitserklärung) und in der gleichfalls schlampigen Bearbeitung durch die Behörde – beim Land.
„Die Bürger müssen sich um den Rechtsstaat kümmern.“